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Ach du dicker Hund!

Hannes ist zu dick

Quasi über Nacht hat Hannes seine elegante Sanduhr-Figur in ein plumpes Bratwurst-Format transformiert: Die Taille ist weg! Zu Hülf!

Wie Übergewicht beim Hund entsteht, was es mit dem Hund macht, wie man es erkennt, was man dagegen tun kann und wie Hannes Sein Futterrechner beim Abnehmen helfen kann.

Inhalt

  1. Wie konnte das bloß passieren?
  2. Übergewicht – die Wurzel vieler Übel!
  3. Wie erkenne ich nun, ob mein Hund zu dick ist?
    1. Wiegen
    2. Sehen und Tasten nach dem Body Condition Score
    3. Körperfett-Bestimmung durch Morphologische Messung
  4. Was muss ich tun, damit Hund abnimmt?
    1. Energiezufuhr reduzieren
    2. Bewegung erhöhen
  5. Wie kann Hannes Sein Futterrechner beim Abnehmen unterstützen?
    1. Übergewicht feststellen und Energiebedarf herabsetzen
    2. Futtertagebuch führen

1. Wie konnte das bloß passieren?

Hannes ist sportlich und für jedes Abenteuer leicht zu begeistern. Wie die Stammleser hier wissen, erhält er sein Futter seit gut einem Jahr penibel ausgerechnet und protokolliert. Und trotzdem: die Taille ist weg. Nein, die darunter liegende Athletenfigur wird nicht von Fell verdeckt – es ist Fett. Jeder kann es sehen – ich selber muss es mir nur vor Augen führen und mir eingestehen: Ich habe versagt! 

Let’s name it: Hund hat offensichtlich über einen längeren Zeitraum mehr Kalorien gefuttert als er verbraucht hat. Sowohl die Futtermenge als auch die Art und Menge der Bewegung teile ich zu. Hannes ist ja kein Straßenhund. Wer ist schuld? Ich!

Der gesunde Hund wird genau dann zu dick, wenn er zu viel futtert und sich zu wenig bewegt. Und nein, Kohlenhydrate macht nicht dicker als Fett und Fett macht nicht dicker als Protein. Einzig mehr zugeführte als verbrauchte Kalorien – egal aus welcher Quelle – machen dick. 

Könnte ich wo anders als bei mir selber die Schuld suchen? Ja, könnte ich – aber das ist bei Hannes eher unwahrscheinlich. Ich könnte überlegen oder beim Tierarzt untersuchen lassen, ob

Es kann gar nichts schaden, gemeinsam mit dem Tierarzt herauszufinden, ob es physiologische Gründe für die Gewichtszunahme gibt – insbesondere wenn Hund in kurzer Zeit ohne nennenswerte Änderung des Futters zugenommen hat. Zudem kann der Tierarzt auch beim Abnehmen beratend zur Seite stehen – auch ohne ein Diätfutter zu verkaufen. 

Was Hannes angeht, weiß ich was die Ursache für sein wenig elegantes Wurstformat ist:

Hannes wurde im Februar kastriert und war vorher schon durch einen Chip hormonamputiert. Ich habe seine Ernährung daran ja auch schon seit vielen Monaten angepasst. Vielleicht nicht genug?

Vielleicht hat er doch etwas zu viele Reste von meinem Mittagessen bekommen? Waren die nicht protokollierten TroFu-Brocken für unsere abendlichen Suchspiele doch nicht bloß ein “Fliegenschiß” auf seinem Futter? 

Vielleicht war ich in den letzten Monaten einfach zu faul für lange Wanderungen oder gemeinsames Fahrradfahren und habe gemütliche Schnüffelrunden gefolgt von ausgiebigem Sofa-Kuscheln vorgezogen? 

Richtig! Das Wetter war schuld: Zu kalt, zu nass, zu warm…

2. Übergewicht – die Wurzel vieler Übel!

Der dicke Hund kämpft mit denselben Problemen wie der dicke Mensch:

Die Kilos, die er zu viel mit sich rumschleppt, reduzieren den Bewegungsdrang und somit auch die Kalorienverbrennung und fördern das Ansetzen von noch mehr Speck. Der Teufelskreis beginnt. 

Bewegt Hund sich dennoch, werden die Gelenke entsprechend mehr- bzw. überlastet und die Hüften, Knie, Ellenbogen, Bandscheiben werden es entsprechend mit Arthrose oder Knorpel – Degeneration danken. Das ist schmerzhaft und eine Behandlung dieser Symptome wird teuer!

Dazu kommen auf Dauer und mit zunehmendem Gewicht die bekannten Stoffwechselfolgen: So bekommt Hund vielleicht schlechter Luft, schnarcht, hat Herz – Beschwerden, Verdauungs – Störungen, Störungen an Haut & Haar, das Immunsystem wird geschwächt und anfälliger für Infekte jeglicher Art oder Hund entwickelt Diabetes. Wenn es so weit kommt, hat Hund definitiv eine kürzere Lebenserwartung als ein normalgewichtiger Hund.

Also: Tu Deinem Hund das nicht an, sondern tu was für seine Figur! Mitunter können Hund und Du vom gleichen Programm profitieren.

3. Wie erkenne ich nun, ob mein Hund zu dick ist?

Es gibt drei Methoden: Wiegen, Sehen & Tasten sowie Messen.

3.1. Wiegen

Man kann den Hund wiegen und sein aktuelles Gewicht in Relation setzen zu dem Gewicht, das er hatte, als er bereits ausgewachsen aber noch normalgewichtig war – also im Alter von etwa 12-18 Monaten. Hannes wog damals so etwa 28 kg. Nun wiegt er fast 32kg. Somit wiegt er jetzt 32/28 = 114%. Das ist zu viel!

3.2. Sehen und Tasten nach dem Body Condition Score

Man sieht’s und man kann es tasten – wie beim Menschen auch. Der Body Condition Score (BCS) wird angewendet, um das Idealgewicht zu schätzen, wenn man damals verpasst hat, es aufzuzeichnen.

  • Die Rippen sollten nicht sichtbar aber leicht tastbar sein. Muss man mit den Fingern drücken, um durch die Fettschicht einzelne Rippen zu tasten, ist Hund übergewichtig. Kann man auch mit Druck einzelne Rippen kaum ertasten, ist Hund adipös.
  • Von oben betrachtet, sollte der Hund eine gut erkennbare Taille zwischen Rippen und Becken haben. Gehen Rippen und Becken ohne Einziehung dazwischen ineinander über, ist Hund übergewichtig (Siehe Titelbild). Liegt die breiteste Stelle des Hundes zwischen Schulter und Becken, ist Hund adipös.
  • Von der Seite betrachtet, sollte die Bauchlinie ihre tiefste Stelle an der Brust haben und zum Genitalbereich deutlich ansteigen. Steigt die Bauchlinie nicht oder nur gering an, ist Hund übergewichtig. Ist die Brust nicht die tiefste Stelle und finden sich Fettpolster an Brust, Schulter und Rutenansatz, ist Hund adipös.

Der Body Condition Score (BCS):

AnsichtBCSBeschreibungÜbergewicht
1
Abgemagert
Rippen, Lendenwirbel und Beckenknochen sowie alle Knochenvorsprünge von weitem gut sichtbar. Kein Körperfett feststellbar. Offensichtlicher Schwund von Muskelmasse.> – 40%
2
Sehr dünn
Rippen, Lendenwirbel und Beckenknochen leicht erkennbar. Kein tastbares Körperfett. Andere Knochenvorsprünge erkennbar. Minimaler Schwund von Muskelmasse.– 30 – 40%
3
Dünn
Rippen leicht tastbar und eventuell sichtbar ohne tastbares Fett. Scheitelpunkt der Lendenwirbel sichtbar. Beckenknochen eventuell vorstehend. Ausgeprägte Taille und starke Baucheinziehung.– 20 – 30%
4
Leicht untergewichtig
Rippen leicht tastbar, mit minimaler Fettschicht. Taille – von oben betrachtet – gut erkennbar. Baucheinziehung gut sichtbar.– 10 – 15%
5
Ideal
Rippen tastbar ohne übermäßige Fettschicht. Taille – von oben betrachtet – hinter den Rippen wahrnehmbar. Baucheinziehung – von der Seite betrachtet – sichtbar.0%
6
Leicht übergewichtig
Rippen unter einer etwas zu dicken Fettschicht tastbar. Taille – von oben betrachtet – wahrnehmbar, aber nicht hervortretend. Baucheinziehung sichtbar.+10 – 15%
7
Übergewichtig
Rippen schwer tastbar, dicke Fettschicht. Fettpolster im Bereich von Lenden und Schwanzansatz sichtbar. Taille fehlt oder schwer erkennbar. Baucheinziehung eventuell sichtbar.+20 – 30%
8
Adipös
Rippen unter einer dicken Fettschicht nicht oder nur unter Anwendung starken Drucks tastbar. Dicke Fettpolster im Bereich von Lenden und Schwanzansatz. Keine Taille. Keine Baucheinziehung. Eventuell Vorwölbung des Bauches.+30 – 40%
9
Stark adipös
Beträchtliche Fettpolster im Bereich von Brustkorb, Wirbelsäule und Schwanzansatz. Keine Taille, keine Baucheinziehung. Fettpolster im Bereich von Hals und Gliedmaßen. Offensichtliche Vorwölbung des Bauches.> + 40%

Und wie übersetzt man den BCS in Kilos? Wiege den Hund und schätze sein Idealgewicht nach der letzten Spalte (Siehe FEDIAF 2018, S 46f)

Hannes hat von oben keine erkennbare Taille mehr. Seine Rippen sind noch ganz gut tastbar und seine Bauchlinie immer noch stark eingezogen. Wobei letztere rassebedingt durch die sehr starke Brustwölbung erst bei stark adipösen Appenzellern waagerecht verläuft. Fettauflagerungen am Rutenansatz sind nicht vorhanden. Ich schätze mal im oberen Bereich des BCS 6 = 10-15%. Sein Idealgewicht liegt zwischen 32kg/1,15=28kg und 32kg/1,1 = 29kg. Passt ganz gut zu dem Wiege-Ergebnis aus dem Junger-Erwachsener-Gewicht.

Und nein, das Fell trägt nicht auf! Wer’s nicht glaubt, sollte mal seinen Tierarzt besuchen. Bei meinem TA habe ich kürzlich eine Tasthilfe gesehen: Da kann man mal tasten, wie sich unterschiedliche Fettschicht-Dicken auf den Rippen trotz Fell anfühlen.

Wem diese Einschätzung jetzt zu subjektiv erscheint, kann wahlweise ehrlich vor sich selbst sein oder ein Maßband zücken.

3.3. Körperfett-Bestimmung durch Morphologische Messung

Körperfett-Anteils-Bestimmung durch Messen: Man kann das unveränderliche Körpermaß der Länge des ausgewachsenen Schienbeins und den durch Fettgehalt des Hundes veränderlichen Hüftumfang zueinander ins Verhältnis setzen und mit den idealen Verhältnissen abgleichen. Aus dem Körperfett-Anteil kann das Übergewicht ermittelt werden.

Nimm ein Maßband, stell den Hund aufrecht mit normaler Kopfhaltung und nimm zweierlei Maß, wie im Bild:

Morphologische Messung
Hand et.al: Klinische Diätetik für Kleintiere, S. 748

Die Maße müssen ohne Druck auf das Maßband vorgenommen werden. Das Maßband sollte so gespannt werden, bis das Haarkleid eben gegen die Haut gepresst wird.

Nun nehme man den Taschenrechner und rechne den „Körperfettanteil“ nach einer der folgenden Formeln aus (Siehe Klinische Diätetik, S. 747):

Rüde: 0,77 x Hüftumfang – 1,4 x Schienbeinlänge + 4
Hündin: 0,93 x Hüftumfang – 1,7 x Schienbeinlänge + 5
Geschlechtsneutral: (0,0027 x Hüftumfang² – 0,0034 x Schienbeinlänge² – 1,9)/Körpergewicht

Bei Hannes beträgt der Hüftumfang PC = 58cm und die Schienbein-Länge HS = 22cm. Ergo beträgt sein Körperfettanteil 0,77 × 58 – 1,4 × 22 + 4 = 17,86%

Und wie übersetzt man den den Körperfettanteil in prozentuales Übergewicht? Nach folgender Aufstellung (Siehe FEDIAF 2018, S 46f):

KFett%BeschreibungÜbergewicht
15-25ideal0%
20-30leicht übergewichtig10-15%
25-35übergewichtig20-30%
30-40adipös30-45%
>40stark adipös>45%

Huch! Demnach ist Hannes idealgewichtig. Das lasse ich mal so stehen. Diese Methode ist nur validiert für Hunde bis 33kg und eher für die Bauart Labrador als Mops & Bullies geeicht. Kann das mal jemand für den eigenen Hund testen?

4. Was muss ich tun, damit Hund abnimmt?

Das Übergewicht kommt von mehr zugeführten als verbrannten Kalorien. Daraus ergibt sich direkt das Handlungsspektrum: Weniger futtern und mehr bewegen. 

Ja, es ist wirklich so schlicht!

4.1. Energiezufuhr reduzieren

Vor zwei Jahren bekam Hannes als erwachsener und intakter 30kg-Hund mit deutlich über einer Stunde Bewegung täglich ca. 5,8MJ/Tag zugeführt. Vor etwa einem Jahr wurde er chemisch kastriert (im Februar diesen Jahre auch technisch) und seine Energiezufuhr wurde auf ca. 5,2MJ/Tag reduziert. Was mir erst in der letzten Zeit aufgefallen ist: Wir sind nicht mehr täglich mehrfach endlos unterwegs – einige Jahre nach dem Umzug in den ländlichen Raum haben wir nun wirklich alles erkundet und die Runden wurden immer kürzer. Eine Energiezufuhr von 4,7MJ wäre ausreichend gewesen und wurde vor einiger Zeit auch eingeführt. Neben einer vollen extra-Tagesdosis Energie bei einem traditionellen wöchentlichen Essenstreff für Menschenfreunde kriegte Hannes kaum Leckerlis. Aber so eine heftige Extra-Dosis aus getrockneten Brötchen und Riesen-Kaustangen erhöhen die Energieaufnahme entspannt auf seine vorherige durchschnittliche Tagesdosis von 5-5,5MJ. 

Ist mir gar nicht so aufgefallen, weil ich das nicht in die Berechnung einbezogen habe. Ist ja nur einmal in der Woche. Zusätzlich beträgt Hannes sein Idealgewicht nicht wie in der letzten Zeit angenommen 30kg – es liegt vielmehr bei ca. 28kg: So viel wog er, als er ausgewachsen war, die perfekte Figur hatte und wirklich gut in Form war. Kastriert und mit nur etwa einer Stunde Bewegung täglich müsste er mit etwa 4,5MJ/Tag ganz gut hinkommen.

Nun ist die Taille flöten gegangen. Da reicht eine Reduktion der Energiezufuhr auf den Erhaltungsbedarf von geschätzten 4,5MJ/Tag gerade mal aus, den Hund nicht weiter zunehmen zu lassen. Abnehmen tut er so nicht

Erst wenn die Energiezufuhr auf den Ruhebedarf von 3,6MJ (als 70kcal / kg Idealgewicht hoch 0,75) abgesenkt wird, nimmt Hund bei gleichbleibender Bewegung überhaupt ab.

Autschn.

OK – das geht. 

Man kann die Kalorienzufuhr tatsächlich senken. Gerade, wenn man Leckerlis oder Teile des Futters bisher als Belohnung für irgendwas einsetzt, könnte man jetzt mal ausprobieren, was für den Hund tatsächlich eine hochwertige Belohnung sein könnte. Mancher Hund findet es viel toller, wenn er sein Lieblingsspielzeug zur Belohnung ausgehändigt bekommt. Andere freuen sich über einen kleinen gemeinsamen Sprint oder lobende Stimme oder eine schlichte Streicheleinheit. Ersetze Leckerlis konsequent durch gemeinsamen Spaß!

Kauartikel sind auch eine vermeidbare Kalorienfalle. Getrocknete Schweineohren oder irgendwas aus Rinderkopfhaut sind genau wie Dörrfleisch oder alle anderen Trocken-Tier-Teile echte Kalorienbomben! Die meisten dieser Sachen sind ohnehin nur minderwertiges Bindegewebe, was die Verdauung mehr belastet als den Körper zu nähren. 

Dieses Trockenzeug entspricht etwa dem 4-5fachen Frischgewicht. Wer meint, Hund bräuchte sowas zur Beruhigung des Trennungsschmerzes, wenn Hund alleine ist, täte gut daran, den Hund vor dem Alleinsein mit Denksport-Aufgaben oder kleinen gemeinsamen Tricks “auszulasten” – dann schläft er nämlich meist ganz entspannt nach der gemeinsamen Aktion.

Tatsächlich kommt Hund bereits nach wenigen Tagen mit einer geringeren Menge Futter bestens klar, wenn er gleichzeitig mehr Gemeinsamkeit mit seinem/n Mensch(en) erleben kann. So macht es dem Hund großen Spaß, sich sein Futter zu “erarbeiten”: Man kann es im Garten verstecken oder in den Kong pressen. Man kann es auf den Gassi-Runden “verlieren” und Hund suchen lassen. Man kann ihn vor jedem Haps “Pfötchen” geben lassen oder “Rolle” machen lassen oder was auch immer Dir oder Hund einfällt.

Das alles erfordert zwar weitaus mehr Phantasie vom Hundehalter und mehr Beschäftigung mit dem Hund als bisher – aber es stärkt die Bindung zwischen Mensch und Hund viel mehr als ständig Leckerli einzuwerfen. 

So etwa 14% moderates Übergewicht wird Hannes in ein paar Monaten auf diese Art sicher leicht los. Ganz anders sieht das für adipöse Hunde mit mindestens 30% Übergewicht aus. Da kann das Abnehmen entspannt ein Jahr oder länger dauern, wenn Hund dabei gesund bleiben soll.

Natürlich gibt es dann noch diese “Light-Futter”. Die sind üblicherweise fettreduziert und mit besonders viel Ballaststoffen angereichert. Ersteres senkt die Kalorienzufuhr und Zweiteres die Verdaulichkeit und mithin die Kalorienaufnahme. Zusätzlich ist oft der Proteingehalt etwas höher, um Muskelabbau vorzubeugen und/oder Carnitin zugesetzt, um die Fettverbrennung anzukurbeln. Kann man machen – muss man aber nicht. Ich persönlich halte wenig davon, denn Hundehalter ändert dadurch nichts am Fütterverhalten und Hund wird weiter mit Erfolg die ihm genehme Menge einfordern und dann ist nach der Diät direkt wieder vor der nächsten Diät.

4.2. Bewegung erhöhen

Wenn Hund nur an der Leine spaziert und im Wesentlichen nur an Grashalmen schnuppert, verbrennt er fast keine Kalorien. Rennt er hingegegen nach Herzenslust (einem Reh hinterher, was er natürlich nicht machen darf – besser am joggenden oder radfahrenden Hundeführer) oder gräbt Löcher, in die er zweimal hinein passt oder schwimmt nach Herzenslust, gerät er in Extase und verbrennt deutlich Kalorien. Wir Menschen kennen das von früher als Aerobic. 

Genauso sollte der übergewichtige Hund täglich mindestens zweimal für mindestens 15 Minuten in aerobe Aktivität gebracht werden. Jetzt im Sommer ist Schwimmen eine prima gelenkschonende Auslastung. Sind die Temperaturen moderat (unter 15°C!), ist Radfahren aufgrund der gleichmäßigen Bewegung ebenfalls sehr geeignet. 

Der adipöse Hund hingegen muss an solche körperliche Aktivität erst mal herangeführt werden. Also ist tägliches Training einzuführen, mit kurzer Dosis zu beginnen und nach und nach zu steigern. Mensch wie Hund müssen dafür ihre Komfortzone vom gemütlichen Spazieren verlassen. Anfangs kann es dem Hund schon viel abverlangen, die Gassirunde mit strammem Marschieren statt ausgiebigem Schnüffeln und markieren zu beginnen. Ja, Hund kann es aushalten, nicht gleich nach Herzenslust zu strullen und nicht direkt in den Zeitungslese-Modus überzugehen, sondern sich seine Pipi-Pause erst mal zu verdienen! 

Wenn er die erste Viertelstunde jeder Gassi-Runde einfach mal kontinuierlich streng bei Fuß die volle Aufmerksamkeit dem Hundehalter schenken und einfach vorwärts gehen muss, ist das schon mal ein Anfang. Gut für den Kopf des Hundes ist es allemal – förderlich für die Mensch-Hund-Beziehung sowieso. 

Was völlig ungeeignet zur körperlichen “Ertüchtigung” ist: Bällchen oder Stöckchen werfen. Der dicke Hund muss sprinten und stoppen. Das ist eine besonders unnötige und ungesunde Art, die ohnehin beim übergewichtigen Hund überlasteten Gelenke direkt kaputt zu machen, auch wenn Hund begeistert hinterher hetzt. Auch jetzt mit Agility zu beginnen ist keine gute Idee – hingegen könnte Mantrailing oder jede Form von Nasenarbeit extrem hilfreich sein, den Hund zum Kalorien verbrennen zu animieren.

5. Wie kann Hannes Sein Futterrechner beim Abnehmen unterstützen?

5.1. Übergewicht feststellen und Energiebedarf herabsetzen

Als erstes erfolgt neuerdings überhaupt erst mal die Feststellung im Futterrechner bereits bei der Dateneingabe zum Hund, ob Hund übergewichtig ist:

Liegt das tatsächliche aktuelle Gewicht (hier 32kg) des Hundes mehr als 10% über seinem Idealgewicht (hier 28kg), erhält der Benutzer direkt eine entsprechende Meldung und der Kalorienbedarf wird unabhängig von den sonstigen Lebensumständen auf den “Ruhebedarf”bezogen auf das ideale Körpergewicht herabgesetzt.

Es geht um Hund .

Aktuelles Körpergewicht: kg
Ideales Körpergewicht bzw.
erwartetes Endgewicht:
kg
Der Hund hat 14% Übergewicht und sollte abnehmen. Aus diesem Grund ist die Kalorienaufnahme unabhängig von den Lebensbedingungen auf den angegebenen Wert zu reduzieren und die Bewegung zu erhöhen. Hund sollte monatlich gewogen werden. Hat der Hund sein Idealgewicht erreicht, sollte die Ernährung neu berechnet werden.
Aktuelles und ideales Körpergewicht werden abgeglichen und Übergewicht zur Berechnung berücksichtigt.

Das aktuelle Gewicht wird am Besten auf einer Waage genommen – das ideale Gewicht kann aus seinem zuletzt bekannten Optimalgewicht als junger Erwachsener oder mittels Body Condition Score hergeleitet werden (siehe oben). 

Hilfreich ist es, wenn Mensch dabei ehrlich zu sich selbst ist: Anders als beim Tierarzt fühlt man sich nicht direkt als Versager an die Wand gestellt und zur Rechtfertigung genötigt – aber man sollte tatsächlich ehrlich zu sich selbst sein und die Tonnenfigur nicht als normal ansehen. Ich weiß, dass das schwer ist.

Natürlich könnte man auch einfach angeben, dass das Idealgewicht identisch mit dem aktuellen Gewicht sei – sieht ja keiner. Das stimmt – aber was sollte Hund davon haben?

5.2. Futtertagebuch führen

Als nächstes würde ich empfehlen, für vier Wochen ein Futtertagebuch in Hannes Seinem Futterrechner zu führen. Das bedeutet, für eine Zeit lang jeden Tag ALLES abzuwiegen und zu protokollieren, was in den Hund kommt.

Woher kommt die Energie?

Fütterung mit:
ausschliesslich einem einzigen Fertigfutter als Alleinfuttermittel
verschiedenen Futtermitteln und/oder Lebensmitteln (roh/gegart) mit einem Futterplan
gemischte Ernährung mit Tagebuch

Auswahl Futtertyp Tagebuch

Möglicherweise hat man einen Plan, was Hund so täglich essen sollte. Die Realität sieht meist ganz anders aus. Oft hat man nämlich recht wenig Überblick, was neben den Hauptmahlzeiten im Tagesverlauf in den Hund wandert: Hier ein oder viele “Trainingsleckerli”, da ein Rest vom Menschenteller, dort eine Rinderkopfhaut-Rolle, ein Wiener Würstchen vom Nachbarn, das Käsebrot, was Sohnemann nicht mag, die Dental-Kaustange für weiße Zähne, eine Handvoll Trockenfutter-Brocken zum Suchen, ein trockenes Brötchen zum Einschlafen…

Führt man sich das einfach mal schwarz auf weiß zu Gemüte, lernt man meist recht schnell, dass eine Möhre auch ein leckerer Kauspaß sein kann und weiße Zähne viel besser mit einer Zahnbürste erhalten werden. Schon allein dadurch, dass man bereits bei der Eingabe sieht, wie viele Kalorien man schon eingefüllt hat und wie viele Kalorien man noch zuführen dürfte, überlegt man sich bereits am zweiten Tag, ob das wirklich Not tut.

Nehmen wir mal an, Hund bekommt morgens eine 400g-Dose Nassfutter und abends 120g Trockenfutter. Damit wäre sein Kalorienbedarf gedeckt. 
Starten wir also den Tag mit 400g Angus Rind & Kürbis. Damit reichen wir 1912 kJ und decken schon mal 54% des Ruhebedarfs des Hundes auf Diät.

Bevor ich zur Arbeit gehe, kriegt Hund einen Dentastix von Lidl. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er ist mit Kauen beschäftigt, wenn ich gehe und bekommt keinen Zahnstein, wenn er das frisst. In der Mittagspause esse ich mein eigenes Mahl nicht auf – die zwei restlichen Kartoffeln kriegt der Hund. Nach Feierabend drehen wir eine ausgiebige Runde und machen ein paar Unterordnungsübungen. Immer wenn Hund tut, was ich möchte, gibt’s ein Schnipsel Kauwürstchen vom Aldi zur Belohnung. Hund hat Spaß. Später kommen meine hundelosen Freundinnen zu Besuch und bringen Hund ein kleines getrocknetes Schweineohr und ein WienerWürstchen mit. Ich bin gerührt und Hund gibt Pfötchen. 

Lebens-/Futtermittelg/TagKjProtFettKHFaserAsche
Angus Rind & Kürbis400191244281719
Harte Dentalknochen mit Reis25303101702
Kartoffeln geschält gegart80244201211
Kauwürstchen mit Geflügel2026374102
Schweineohren20387125000
Wiener Würstchen50547712002
Wild Duck Adult0000000
Summe5953656734947216
Bedarf35656018
Abweichung911331
Würde ich jetzt wirklich noch 120g Trockenfutter zum Abendbrot reichen wollen?

Nun will ich dem Hund sein Abendmahl richten und frage mich, ob ich das wirklich tun sollte – wo Hannes Sein Futterrechner doch anzeigt, dass Hund bereits 91 kJ mehr als seinen Tagesbedarf gefuttert hat. Nicht nur die Zahlen zeigen das, auch die Bilder zeigen deutlich, dass Hund satt sein sollte:

Bedarfsdeckung in % 103Energie122Protein272Fett100%
Vor der Entscheidung, noch TroFu zu reichen. Ist das klug?

Nun gut: Ich tu’s trotzdem! Weil ich das jeden Tag so mache:

Lebens-/Futtermittelg/TagKjProtFettKHFaserAsche
Angus Rind & Kürbis400191244281719
Harte Dentalknochen mit Reis25303101702
Kartoffeln geschält gegart80244201211
Kauwürstchen mit Geflügel2026374102
Schweineohren20387125000
Wiener Würstchen50547712002
Wild Duck Adult1201740251161410
Summe71553969860108626
Bedarf35656018
Abweichung18313842

5,4MJ = 51% mehr Kalorien als Hund zum Abnehmen braucht. Ausnahmetag?

Bedarfsdeckung in % 151Energie163Protein333Fett100%
Reichlich Energie für den Hund, der abnehmen soll!

Ei verbipsch! Hund hat so viel Kalorien gekriegt, wie er vor seiner Kastration gebraucht hätte. Dann ersetze ich ab morgen mal die Dentastix durch eine Karotte und nehme einen Teil vom Tages-Trockenfutter zum Üben mit statt der Kauwürstchen. Die Freundinnen kommen ja nicht jeden Tag rum. Nächste Woche sollen sie mal nix mitbringen. Pralinen für mich wären auch mal nett. Und was passiert am nächsten Tag? Hund findet unter einer Hecke in Schulnähe ein Käsebrötchen. Na gut – sei’s ihm gegönnt! 

Was heißt denn das jetzt? So eine handelsübliche Karotte wiegt gerne mal 100g, ein Brötchen etwa 50g, eine von zwölf Scheiben Käse in der 400g-Packung wiegt 33g und 5g Butter war da bestimmt drunter:

Lebens-/Futtermittelg/TagKjProtFettKHFaserAsche
Ente & Gans4001928442519210
Wide Plain1201865311944411
Mohrrübe frisch10016310731
Brötchen Vollkorn50486412131
Gouda 45% Fett i. Tr.33503710001
Butter515504000
Summe70851008759911224
Bedarf35656018
Abweichung15352741
Plan und Wirklichkeit – auch nicht besser als am Vortag!

Nun wird deutlich, dass es hilfreich sein kann, ein “Gefühl” für den Kaloriengehalt von allerlei Futter- und Lebensmittel zu entwickeln. Das kann Hannes Sein Futterrechner mit der Tagebuchfunktion gut unterstützen. Zudem ist schon allein das Abwiegen und Protokollieren hilfreich, sich selber bei der großzügigen Futterzuteilung zu bremsen

Für selbst zubereitete Rationen kann darüber hinaus kontrolliert werden, ob Hund auch mit weniger Kalorien noch alle Nährstoffe bekommt, die er braucht.

Es gelingt mir weder jeden Tag, die Kalorienrestriktion einzuhalten noch schaffe ich es jeden Tag, sein Bewegungsprogramm durch zu ziehen. Aber wir sind auf einem guten Weg.

Bitte lass den Hund nicht unnötig verfetten – er wird es mit einem längeren und agileren Leben danken!

Veröffentlicht unter Blog, Krankheit & Ernährung

1 Kommentar

  1. Aleksandra Kelic-Heil

    Liebe Bettina,
    ich habe die „Körperfett-Bestimmung durch Morphologische Messung“ bei Charly getestet (wie Du es oben beschrieben hast). Er ist ein Cavalier King Charles Spaniel (intakter Rüde), 15 Monate alt, wiegt 12.4kg, hat eine WRH von 43cm, Rückenlänge 54cm und ist normalgewichtig. Nach der Morphologische Messung (44cm Hüftumfang, 17cm Schienbein-Länge) beträgt sein Körperfettanteil 14,1%, und damit wäre er ein bissl untergewichtig.
    Nach dem „Morphometric body condition scoring“, (A. Koizumi et al, J. Pet Anim. Nutr. Vol 21 (2018) 89, Tab. 2) hat er ein ideales Gewicht.
    Liebe Grüße,
    Aleksandra.

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