Gutes Konzept, offene Deklaration – und dennoch habe ich Fragen

Ich habe mich ja nun lange mit Hundefutter im Allgemeinen und Nierendiät im Speziellen beschäftigt. Den für mich klarsten und kompaktesten Artikel zur Nierendiät hat eine Tierärztin von der Firma futalis vor einigen Jahren geschrieben. Inzwischen kennt man die Firma – und nun dachte ich mir, schau mal rein…

Nein, dieses hier ist keine Werbung. Nur ein Erfahrungsbericht. Mit ein paar Fragen.
Und ja, ich möchte das verstehen und nicht bloß herumkritteln.

Es folgen acht Kapitel:
1. Die Firma Futalis
2. Online individuelles Fertigfutter zusammenstellen
3. Nierendiät von futalis
4. Nierendiät hausgemacht nachgekocht
5. Ballaststoffe
6. Mineralstoffe und Vitamine
7. Protein
8. Aminosäurenprofil

1. Die Firma futalis

futalis ist aus einem Forschungsprojekt des Instituts für Tierernährung der Universität Leipzig hervorgegangen. Dort arbeiten Tierärzte mit Ernährungsschwerpunkt ausschließlich an Hundefutter. Und sie forschen weiter zusammen mit dem Institut, während sie ihre Forschung in die Praxis umsetzen. Das finde ich gut. 

Sie stellen ihr Futter nicht nur selbst her, sondern beraten auch Hundehalter bei allen Ernährungsfragen, telefonisch oder im online-Chat. Auch das gefällt mir sehr gut. Sie arbeiten auch mit Rasseclubs zusammen, was sicherlich einerseits unter Marketing-Aspekten nützlich für die Firma ist, auf der anderen Seite aber auch förderlich für das Verständnis rassebedingter Besonderheiten. Auch das kann hilfreich für die Forschung und somit für die Weiterentwicklung der Hundefütterung sein.

Das Konzept verspricht computerberechnetes, individuell auf den Hund zusammen gestelltes Trocken- oder Dosen-Fertigfutter – basierend auf Angaben zu Rasse, Alter, Geschlecht, Kastrationsstatus, Gewichtsstatus und auch unter Berücksichtigung von Krankheiten. Für letztere braucht man dann ein Rezept vom Tierarzt. 

Andere Tierärzte, z.B. von der LMU München sind ebenfalls mit ausführlicher Ernährungsberatung und Supplementen für die Fraktion der BARFer und Selberkocher unterwegs, wie z.B. Dr. Dillitzer von Futtermedicus (die auch selbst etliche Studien veröffentlicht hat) oder Dr. Fritz vom Napfcheck(die ebenfalls einen Futterrechner anbietet). 

2. Online individuelles Fertigfutter zusammen stellen

Seit gestern weiß ich nun, dass Hannes sein Leben lang besser mit einer Nierendiät versorgt ist als “normal” zu barfen. Nach ein paar Monaten täglich Reis, (Dinkel-)Nudeln oder (Süß-)Kartoffeln kochen sowie Nüsse und Samen mahlen stelle ich fest: Das nervt und kostet Zeit. Teuer isses auch. Ich denke also ernsthaft über Fertigfutter nach.

Schauen wir uns mal an, was da im futalis-Futterkonfigurator passiert:

Zunächst in drei Schritten die üblichen Fragen, die den Energiebedarf des Hundes klären: Rasse, Alter, Kastrationsstatus, besondere Verwendung, Gewicht und Figur sowie Aktivität. Bis hierher kann Hannes sein Futterrechner das auch.

^{Fragebogen Schritt 1-3: Grunddaten, Gewichtsstatus, Aktivität}

Dann kommt der wirklich wichtige Teil: Hat der Hund besondere Bedürfnisse für Gelenke, Haut & Fell, Herz & Kreislauf, Zähne, Verdauung oder gar chronische Krankheiten der Bauchspeicheldrüse, der Niere oder der Leber (die ein rezeptpflichtiges Futter bedürfen), hat Hund Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Inhaltsstoffen? 

Diese Fragen und die daraus resultierenden Besonderheiten sind üblicherweise nicht Bestandteil der meist entgeltpflichtigen Futterrechner – es wird erwartet, dass der Bediener des Programms genau die Implikationen des Gesundheitsstatus’ auf die Auswahl der Futtermittel und Nahrungsergänzungen “im Kopf hat” (oder sich anderweitig erarbeitet) und die Auswahl der Zutaten selber entsprechend gestaltet.

Dazu als überaus sympathisches Gimmick bereits der Hundename nebst Rassefoto auf der virtuellen Futtertüte und zur Orientierung die bisher gemachten Angaben immer im Blick.

^{Gimmicks und Fragebogen Schritt 4 und 5: Ergänzungen/krankheitsbedingte Diätetik sowie Unverträglichkeiten}

Nun denkt das Programm erstaunlich lange über die Zusammensetzung nach:

^{Der Rechner rechnet…}

…und präsentiert – für einen nicht gesunden Hannes – das optimale Futter: 

^{Das optimale Futter aus Reis und Huhn mit 6,4MJ/Tag für 2,08€ am Tag}

Die Zusammensetzung ist schön verständlich, bei Mouse-over gibt es sogar noch weitere Informationen zu den Zutaten. Die analytischen Bestandteile und Mineralstoffe/Vitamine je kg sind ziemlich vollständig und aussagekräftig. Damit kann ich arbeiten! 2,08€/Tag ist nicht gerade günstig – aber ziemlich transparent formuliert. Warum jetzt frei von Gluten, Soja und häufigen Allergieauslösern – was ich nicht ausgeschlossen habe – angeführt wird, erschließt sich mir nicht ganz, aber es stört auch nicht.

Frage Nr. 1: 
Hannes lebt seit der Kastration mit ca. 2 Stunden Aktivität täglich von 5MJ und hält sein Gewicht. Mit 6,4MJ wird er garantiert verfetten! Wo kommt der Energiebedarf her?

Neben Ergänzungen für Gelenke & Co gegen Aufpreis – wobei Dosenfutter auch als aufpreispflichtige Ergänzung zählt, statt als Alternative – kann man auch die Basis-Zusammensetzung ändern. Ich tu das mal und bin krass erstaunt, dass bei Süßkartoffel & Schwein statt Reis & Huhn sein Energiebedarf nur noch bei 6,0 MJ/Tag liegen soll:

^{Das alternative optimale Futter mit nur 6 MJ/Tag aus Süßkartoffel und Schwein}

Das alternative genauso optimale Futter – vorrangig bestehend aus Süßkartoffeln und Schwein – geht von einer Energiezufuhr von 6,0 MJ/Tag aus. Ich finde den Unterschied zu 6,4 MJ schon erheblich und hätte jetzt zumindest denselben Energiebedarf des Hundes erwartet, den es primär zu decken gilt. 

Frage Nr. 2:
Warum ist der Energiebedarf des Hundes von den verwendeten Futtermitteln abhängig?

3. Nierendiät bei futalis

^{Makro-Nährstoffe in der Nierendiät für Hannes}

Kreuzt man nun im Schritt vier der Futterzusammenstellung Niereninsuffizienz an, bekommt man das Futter mit den Hauptbestandteilen Süßkartoffel und Schwein angeboten. Dies enthält nun 6,7MJ Energie pro Tag, aber nur noch 15,5% Protein, dafür 19,1% Fett, 3,1% Faserstoffe und sage und schreibe 7,7% Rohasche.

^{Zusammensetzung Nierendiät}

Im Vergleich zum optimalen Süßkartoffel/Schwein-Futter für den gesunden Hund sind “nur” Lachsöl, Cellulose, Rübenschnitzel sowie in ganz geringen Mengen Mariendistelsamen, Taurin und Acerola hinzugefügt worden und das Verhältnis Kohlenhydrate:Protein in Richtung Kohlenhydrate verschoben sowie der Fettanteil erhöht worden. Dafür kostet das gleich 2,30€ pro Tag statt 2,01€. 

Futterinhaltsstoffe nach Herstellerangaben, umgerechnet auf die empfohlene Tagesmenge und den tatsächlichen Energiebedarf:

	Futter-Inhalt	Aufnahme bei 423g/Tag	Bedarf 30kg-Hund (FEDIAF)	Abweichung bei 423g/Tag	Aufnahme bei 316g/Tag	Abweichung bei 316g/Tag
Rohprotein	15,5%	66g	63g	+5%	49g	-22%
Rohfett	19,1%	81g	19g	+326%	60g	+216%
Rohfaser	3,1%	13g			10g
Rohasche	7,7%	33g			24g
Kohlenhydrate	45,7%	193g			144g
Energie		6,7MJ	5MJ (empirisch)	+34%	5MJ	–
Calcium	0,75%	3,2g	1,8g	+78%	2,4g	+33%
Phosphor	0,26%	1,1g	1,4g	-21%	0,8g	-43%
Magnesium	0,08%	0,3g	0,3g	–	0,25g	-17%
Natrium	0,32%	1,4g	0,4g	+250%	1,0g	+150%
Kalium	0,66%	2,8g	1,8g	+56%	2,1g	+17%
Eisen	105mg/kg	44,4mg	12,8mg	+247%	33,2mg	+159%
Kupfer	7mg/kg	3,0mg	2,5mg	+20%	2,2mg	-12%
Zink	64mg/kg	27,1mg	25,6mg	+6%	20,2mg	-21%
Vitamin E	80mg/kg	33,8mg	11,5mg	+194%	25,3mg	+120%
Vitamin A	6054IE=1816μg/kg	768μg	642,3μg	+20%	573,9μg	-11%
Vitamin D3	795IE=20μg/kg	8,46μg	4,9μg	+73%	6,3μg	+29%

Beim Blick auf die Mineralstoffe fragt sich der Laie – und vielleicht der Profi auch – warum das Ca:P-Verhältnis bei 2,85 und nicht bei empfohlenen 1,3 oder wenigstens nicht über 2 liegt. Ich frage mich auch, wo der Natriumgehalt von immerhin mehr als 3g/kg herkommt. Und ich würde mir wünschen, dass die wasserlöslichen B-Vitamine aufgeschlüsselt würden. 

Die Hauptfrage, die sich mir allerdings aufdrängt, ist die nach dem  Mineralstoffgehalt (wie kann man den auf 7,7% aufblähen, wenn an einzeln deklarierten Mineralstoffen gerade mal 2,1% enthalten sind?)

4. Nierendiät natürlich nachgebaut

Spätestens jetzt muß ich mal nachrechnen mit überwiegend gegarten aber ansonsten unverarbeiteten Lebensmitteln. Mit Hannes seinem Futterrechner, der durchaus fehlerhaft oder lückenhaft sein kann.

Nehmen wir also zunächst die gelisteten Zutaten und versehen sie mit plausiblen Mengen: 480g gekochte Süßkartoffel, 182g Schwein gegart (Leber & Lunge & Nacken), 17g Schweineschmalz, 100g frische Möhren (ergeben 12g Trockenmasse), 11g und 9g Lein- und Lachsöl, 87g Apfel (in Ermangelung von Cellulosepulver und Rübenschnitzel, ergibt 15g Trockenmasse) sowie 25g Topinambur (statt Chicoree-Wurzel, ergibt 5g Trockenmasse und enthält ebenfalls Inulin) und 2g Bierhefe.

Dann fügen wir noch einige natürliche Ergänzungen hinzu, die im Futter unter ernährungsphysiologische Zusatzstoffe deklariert und isoliert als chemische Verbindungen hinzugefügt worden sind: 

Wöchentlich je 
5g Ascophyllum Nodosum für die Jodzufuhr, 
14g Lebertran für Vitamin D, 
37g Eierschale für Calcium sowie 
14g Salz, um die hohen Natriumwerte zu erreichen.

Mariendistelsamen zum Leber- und Nierenschutz durch Silymarin, Taurin mit durchaus positiver Wirkung auf den Herzmuskel aber hauptsächlich zum Ausgleich fehlender schwefelhaltiger Aminosäuren sowie Acerola als Vitamin C-Bombe lassen wir erst mal für die Berechnung weg – schon allein, weil sie in meiner Datenbank fehlen.Zusammen kommen wir auf die oben errechnete Mengen von 49g Protein, 60g Fett und 154g Kohlenhydrate+Faserstoffe:

Lebens-/Futtermittel	g/Tag	kJ	Prot	Fett	KH	Faser	Asche
Süßkartoffel gekocht	480	2280	8	0	111	15	5
Mohrrübe frisch	100	163	1	0	7	3	1
Schwein,Lunge gegart	82	452	13	6	0	0	1
Schwein,Nacken gegart	80	832	20	14	0	0	1
Apfel	79	214	0	0	11	2	0
Topinambur frisch	25	57	1	0	1	3	0
Schwein,Leber gegart	20	124	5	1	0	0	0
Schweineschmalz, -fett	17	629	0	17	0	0	0
Leinöl	11	407	0	11	0	0	0
Lachsöl	9	330	0	9	0	0	0
Eierschale	5	0	0	0	0	0	2
Bierhefe getrocknet	2	31	1	0	1	0	0
Lebertran	2	74	0	2	0	0	0
Salz mit Jod	2	0	0	0	0	0	2
Ascophyllum nodosum	1	2	0	0	0	0	0
Summe	915	5595	49	60	131	23	12

Nun ergeben sich einige Abweichungen zum futalis-Futter:

1. Die Energiedichte ist mit knapp 5,6MJ deutlich höher als angenommen (5,0MJ). Dies liegt mit ziemlicher Sicherheit an unterschiedlichen Formeln. Während für unbearbeitetes Futter die Atwater-Formel (Protein x 16,7 kJ + Kohlenhydrate x 16,7 kJ + Fett x 37,6 kJ = 49 × 16,7 + 131 × 16,7 + 60 × 37,6 = 5,3MJ) als zuverlässig gilt, wird inzwischen in Hannes Seinem Futterrechner die Energieangabe des BLS verwendet, die auch Energiegewinnung aus (löslichen) Ballaststoffen einbezieht. Bei Industriefutter wird üblicherweise die Verdaulichkeit differenzierter korrigiert und dann noch der Anteil unlöslicher Faserstoffe faktoriert abgezogen, nachzulesen bei FEDIAF S.50ff. Mit denselben Gewichtsanteilen von Protein, Kohlenhydraten und Fett muss sich rein mathematisch in der Atwater-Formel derselbe Wert für beide Futtervarianten ergeben, hier also 5,3MJ, was immer noch zu viel ist für meinen Hannes – aber um den genau geht es ja gar nicht.
   
2. Der Gehalt an Rohfaser ist mit 23g mehr als doppelt so hoch wie die erwarteten 10g. Ein Blick auf die Verteilung der Zutaten zeigt, dass bereits die Süßkartoffel 50% mehr Faserstoffe enthält als in der gesamten futalis-Rezeptur, die extra mit Cellulose-Pulver und Rübenschnitzeln angereichert wurde, um den Ballaststoffgehalt von 10g zu erreichen. Der Unterschied besteht in der verschiedenen Bewertung in Futtermitteln und Lebensmitteln: Futtermittel zählen als Rohfaser nur die unlöslichen Fasern, während für Lebensmittel ein Ballaststoffgehalt ausgewiesen wird, der auch den löslichen Anteil an unverdaubaren Stoffen enthält, welcher in Futtermitteln der NfE- bzw. Kohlenhydrat-Fraktion zugeordnet wird.
   
3. Der Mineralstoffgehalt beträgt mit 12g gerade 50% der erwarteten 24g, obwohl die einzeln gelisteten Mineralstoffe ziemlich genau die berechneten Werte treffen. Einzig Chlorid und Schwefel sind nicht ausgewiesen im futalis-Rezept. Ich kann mir aber schwer vorstellen, wo da jetzt 12g Cl und S herkommen sollen.

5. Rohfaser/Ballaststoffe

Der Hauptbestandteil des Futters, die gekochten Süßkartoffeln, besteht erst mal aus Wasser. Die nutzbaren 30% Trockensubstanz bestehen zu 80% aus Kohlenhydrate und zu 11% aus Ballast- oder Faserstoffen. 

^{Zusammensetzung der Süßkartoffel}

Somit enthält 100g gekochte Süßkartoffel 23g Kohlenhydrate und 3g Rohfaser, 480g also 111g und 15g – by nature.

^{Ballaststoffe in 480g gekochten Süßkartoffeln}

Befragt man zusätzlich den BLS, so kann man unschwer erkennen, dass 480g gekochte Süßkartoffeln bereits 5g Cellulose enthalten, die anderen pflanzlichen Bestandteile des Rezepts bringen weitere Cellulose mit. 

Warum wird Cellulose noch einmal als extra-Pulver hinzugefügt? Es dient nur als füllender Sattmacher und hilft vielleicht beim Abnehmen – das ist hier aber nicht erforderlich: Hannes wiegt für seine Rasse zwar recht viel, ist aber auch fast 10cm größer als die meisten anderen Appenzeller.

Inulin und Fructo-Oligo-Saccharide sind nicht sehr stabil, wenn sie Hitze, Säure oder Fermentierungsprozessen ausgesetzt sind. Generell sind fermentierbare Faserstoffe gutes Futter für die “guten” Bakterien im Darm, die durch Fermentierung beim Abbau unerwünschter und bei der Verfügbarmachung erwünschter Stoffe helfen und somit die Niere ein Stück weit unterstützen.

Schauen wir uns mal an, welche Ballaststoffe in der hausgemachten Nierendiät stecken:

Ballaststoff in mg	480 g Süßkartoffeln	100g Möhren	79g Apfel	25g Topinambur	Summe
Poly-Hexosen	4.882	643	145	1.056	6.725
Cellulose	4.603	950	490	996	7.039
Lignin	1.157	61	8	60	1.286
Wasserunlöslich	7.128	1.889	1.217	1.509	11.742
Poly-Pentosen	2.093	428	294	453	3.268
Poly-Uronsäure	2.093	826	968	453	4.340
Wasserlöslich	7.694	1.742	379	1.509	11.324
Summe	14.822	3.631	1.596	3.018	23.067

6. Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine

Weiter oben habe ich die deklarierten Nährstoffe im futalis-Nierenfutter ja schon in unterschiedlichen Futter-Dosierungen aufgelistet. Nun ein direkter Vergleich der 5MJ-Menge futalis vs. homemade:

	Bedarf 30kg-Hund (FEDIAF)	futalis 316g/Tag	homemade	Unterschied
Rohprotein	63g	49g	49g
Rohfett	19g	60g	60g
Rohfaser		10g	23g	+130% (lösl.Faser!)
Rohasche		24g	12g	-50%
Kohlenhydrate		144g	131g	-9% in lösl.Fasern
Energie	5MJ (empirisch)	5MJ	5,6MJ	andere Formel
Calcium	1,8g	2,4g	2,2g	-8%
Phosphor	1,4g	0,8g	0,7g	-12,5%
Magnesium	0,3g	0,25g	0,17g	-32%
Natrium	0,4g	1,0g	1,0g
Kalium	1,8g	2,1g	2,6g	+24%
Eisen	12,8mg	33,2mg	14,6mg	-56%
Kupfer	2,5mg	2,2mg	1,3mg	-41%
Zink	25,6mg	20,2mg	6,6mg	-67%
Vitamin E	11,5mg	25,3mg	24,6mg	-3%
Vitamin A	642,3μg	573,9μg	15.740μg	+2643%
Vitamin D3	4,9μg	6,3μg	6,6μg	+5%

Nicht berechnet und hier nicht weiter diskutiert wird der Vitamin-C-Gehalt. Ich nehme einfach zur Kenntnis, dass Vitamin C eine antioxidative Wirkung hat und dem nierenkranken Hund vermehrt zugesetzt werden sollte. Ob das nun aus Spuren der Acerola-Kirsche oder “normalem” Obst gedeckt wird, ist mir ziemlich wurscht.

Eisen und Zink sind in der homemade-Diät nicht supplementiert und fallen aufgrund der Zutaten naturgemäß geringer aus als in Futtermischungen, denen Eisen-(II)-carbonat, Eisen-(II)-sulfat und Zinkoxid zugesetzt wird. 

Vitamin A ist in der homemade-Diät absurd hoch, weil Hannes sein Futterrechner die Retinoläquivalente ausweist. Diese enthalten nicht nur das Retinol z.B. aus der Schweine-Leber sondern darüber hinaus das ß-Carotin aus den Süßkartoffeln und Möhren. 

Wenden wir uns der Bedarfsdeckung an Mineralstoffen in der homemade-Nierendiät zu:

• Zum Selengehalt ist keine Aussage möglich, denn dieses Spurenelement ist aufgrund großer Schwankungen einfach nicht mehr in den Lebensmitteltabellen ausgewiesen.
• Zink ist in echten Lebensmitteln generell zu wenig vorhanden, um den Hundebedarf zu decken und ist in allen unsupplementierten Diäten zu gering. Nichts desto trotz haben Hunde, die mit echter Nahrung gefüttert werden, selten Haut-, Krallen- oder Fellprobleme, so dass ich persönlich den geringen Zinkgehalt nach vier Jahren Zinkmangel ohne Probleme als ausreichend betrachte. Merke: Ist nur eine Meinung.
• Kupfer ist drastisch weniger im homemade-Rezept als bei futalis enthalten. Die Schweineleber taugt nicht recht als Kupferlieferant und liefert stattdessen unverhältnismäßig hohe Mengen Vitamin A (s.u.). Ich würde sie durch einen höheren Fleischanteil ersetzen und stattdessen Kupfer supplementieren und käme somit auf eine bedarfsdeckende Menge, so dass ich dem hier rot ausgewiesenen Mangel keine Bedeutung zumesse.
• Phosphor – ein bedeutender, wenn nicht der zentrale Faktor in der Nierendiät: Der Phosphorgehalt ist zu reduzieren. Futalis deckt 56% des Bedarfs, den die FEDIAF aufruft – die Homemade-Diät nur 50%. An dieser Stelle frage ich mich schon, ob das wirklich ausreichend ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der futalis-Rechner mir ja eigentlich eine deutlich größere Ration (von 423 statt 316g, also +34%) empfohlen hat. Phosphor ist wichtig für viele Funktionen im Stoffwechsel und wenn da mal gerade etwa die Hälfte verfügbar ist… Was richtet das dann an?

Frage Nr.3:
Wie viel Phosphor pro kg ^0,75 Körpermasse ist akzeptabel bei einer Nierendiät?

• Warum jetzt so viel Natrium und Chlorid, also Salz, nötig ist, verstehe ich nicht und ich würde “in echt” die zugesetzte Menge halbieren.
• Was sich mir bisher immer noch nicht erschlossen hat, ist die Mineralstoffmenge im futalis-Futter:

Frage Nr.4:
Worin bestehen die 7,7% Rohasche im Nierendiätfutter und wofür ist das gut?

In diesem Zusammenhang stellt sich für steinbildende Hunde natürlich auch die Frage nach dem Harn-PH:

Die Homemade-Diät zeigt über die Kationen-Anionen-Bilanz der enthaltenen Mineralstoffe einen basischen PH-Wert des Harns in Höhe von 7,2. Dies ist hilfreich bei der (Rezidiv-)Vermeidung für Cystinsteine aber förderlich für Struvit-Steine. Wenn ich nun davon ausgehe, dass Struvit nur bei Entzündungsgeschehen in der Blase, begleitet von Phosphor-, Magnesium- und Proteinüberschuss entsteht, scheint mir dieser basische PH-Wert ein vertretbares Ziel. Um diesen Wert für das futalis-Futter berechnen zu können, fehlen Angaben zu Chlorid und Schwefel in der Deklaration.

Nur der Vollständigkeit halber: Hier das Vitaminprofil der homemade-Diät. Wie man sehen kann, sind nicht alle Vitamine ausreichend vorhanden.

Vitamin A wurde bereits als absurd beschrieben, Vitamin B2 und B12 sind defizitär. Mit etwas mehr Schweineleber könnten diese Defizite leicht ausgeglichen werden – dann müsste allerdings noch mehr Vitamin A in Kauf genommen werden. Vitamin B4 oder Cholin ist nicht Bestandteil des Bundeslebensmittelschlüssels, so dass hierzu auch keine Angaben möglich sind. Die Vitamin-B-Gruppe wird bei futalis gar nicht erwähnt. Das erstaunt mich schon, denn die sind nicht sehr hitzebeständig.

7. Protein

Generell ist es vorteilhaft, hochwertiges und leicht verdauliches Protein zu füttern. 

Aber was ist hochwertiges Eiweiß? Kurz gesagt: je besser das Mischungsverhältnis der Aminosäuren zu den Bedarfen des Körpers passt, desto größer ist der Anteil, der direkt zur körpereigenen Proteinsynthese genutzt werden kann und desto geringer ist der Anteil, der in energieaufwendigen Um- und Abbauprozessen irgendwie nutzbar gemacht werden kann oder ausgeschieden wird. Tierisches Protein passt meist (!) besser zum Körper als pflanzliches, Muskelfleisch besser als Bindegewebe. Hannes sein Futterrechner bewertet die Proteinqualität nach der Höhes des Anteils der synthetisierbaren essentiellen Aminosäuren im Eiweiß (EASy).

Und was ist jetzt verdaulich? Das Protein wird ja in den seltensten Fällen als Haufen freier Aminosäuren in den Hund eingeworfen! Magen und Darm müssen die Aminosäuren erst mal aus der aufgenommenen Nahrung freilegen, um sie dann durch die Darmwand an ihren Zielort zu transportieren und zu verstoffwechseln. 

Pflanzliches Eiweiß z.B. befindet sich in Zellen, die die Hundeverdauung nicht öffnen kann und unbehandelt einfach wieder ausscheidet. Daher müssen diese Zellen durch “Schreddern”, Quellen und/oder Garen erst mal geöffnet werden, damit die Inhaltsstoffe (nicht nur das Protein) im Hund überhaupt verdaut werden können. 

Auch tierisches Protein (das eigentlich nicht präpariert werden muss, um verdaut zu werden) kann durch leichtes Erhitzen besser verdaulich werden. So “anverdautes” Protein wird gut resorbiert. Zu viel “Vorverdauung” hingegen senkt die Verdaulichkeit: Zu große oder zu lange Hitze denaturiert Eiweißkörper und kann sie somit unbrauchbar für den Hund machen. Zusätzlich kann die Verdaulichkeit verbessert werden, indem nicht das Protein sondern die Verdauung durch Zusatz von bestimmten Inhaltsstoffen in der Nahrung gestärkt wird. Das können Enzyme, fermentierbare Faserstoffe oder Mikroorganismen sein.

Schauen wir uns zunächst mal an, woher wie viel Protein in dem homemade-Nierenfutter kommt: 

Lebensmittel	Gruppe	Menge	Gehalt
Schwein,Nacken gegart	Fleisch	80	19.60
Schwein,Lunge gegart	Fleisch	82	12.63
Süßkartoffel gekocht	Gemüse	480	7.68
Schwein,Leber gegart	Fleisch	20	4.80
Bierhefe getrocknet	Zusätze	2	0.96
Mohrrübe frisch	Gemüse	100	0.80
Topinambur frisch	Gemüse	25	0.60
Apfel	Obst	79	0.24
Schweineschmalz, -fett	Fette	17	0.02
Summe		885.00	47.32

Rund 78% kommt vom Schwein, wie erwartet – allerdings kommen auch 16% aus den Süßkartoffeln. Wer hätte das jetzt gedacht?

^{Qualität und Gehalt des Proteins innerhalb der Komponenten in der Homemade-Nierendiät}

Während Schweinelunge für tierisches Gewebe nicht nur ausgesprochen arm an den schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin & Cystein ist, enthält sie darüber hinaus große Mengen nicht essentielle Glutamin- und Asparaginsäure sowie Glycin. Die Wertigkeit dieses Proteins ist somit sogar deutlich geringer als die vom Topinambur-Protein, die mengenmäßig nicht so sehr ins Gewicht fällt. Ich würde die Schweinelunge im Rezept weglassen und eher Schweinefleisch stattdessen hinzu fügen.

Somit ziehen die Schweinelunge und die Süßkartoffeln die Gesamt-Wertigkeit des im Homemade-Futter enthaltenen Proteins deutlich herunter. Genauer gesagt, von 29 auf 25. Da geht also noch mehr! Und vor allem sollte umso mehr Protein-Qualität ins Nierenfutter, je stärker die Protein-Menge limitiert wird.

Im Vergleich zum (gegarten) Schweinefleisch hat Rindfleisch eine geringere Wertigkeit, während Huhn (insbesondere Hühnerschenkel) eine höhere Wertigkeit haben. Im Vergleich zur Süßkartoffel ist das Protein der “normalen” Kartoffel geringfügig weniger “wert”, aber das Protein im Reis (insbesondere Basmati-Reis) deutlich “wertiger”. 

Das bringt mich zu der Frage, warum futalis das “Normalfutter” auf Basis Rind/Kartoffel, Huhn/Reis und Schwein/Süßkartoffel anbietet – für die Nierendiät aber ausschließlich auf Basis Schwein/Süßkartoffel, obwohl das Grundrezept für die Niere nur geringfügig adjustiert und ergänzt wurde. Ich persönlich würde Huhn/Reis bevorzugen.

Frage Nr.5:
Warum gibt es die Nierendiät bei futalis nicht auf Basis Huhn/Reis?

8. Aminosäurenprofil

Nach all diesen Ausführungen fragt sich der ein oder andere Leser, warum das Aminosäurenprofil jetzt noch ein eigenes Kapitel verdient. Ganz einfach: Der Proteinbedarf des Hundes an sich existiert gar nicht! Eigentlich müssen dem Hund nur die essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge zugeführt werden. Wie viel davon jeweils ausreichend ist, bewegt sich leider noch im Unklaren. Immerhin gibt es eine Literaturstudie dazu als Diplomarbeit. Somit bezeichnet der vermeintliche Proteinbedarf nur die Menge Gesamtprotein, die wahrscheinlich alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Konzentration enthalten. Durch geschickte Kombination von Proteinquellen kann man also mit weniger Protein völlig bedarfsdeckend füttern, sofern die Aminosäurenbedarfe erfüllt werden.

Schauen wir uns das Profil der essentiellen Aminosäuren unserer homemade-Nierendiät einmal an: Absolut betrachtet braucht Hund laut FEDIAF die geringste Menge an Tryptophan (Trp) und die größte Menge Leucin (Leu). Das größte Defizit in dieser Diät besteht bei den schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin & Cystein (MC): Nur 63% der 2,69g/Tag werden mit der Nahrung zugeführt. Auch Tryptophan wird etwas unterhalb des ausgewiesenen Bedarfs zugeführt – dies ist aber noch vertretbar, denn in den Bedarfen der FEDIAF ist ein “Sicherheitspuffer” von etwa 20% enthalten.

^{Bedarf und Deckung sowie relative Deckung der essentiellen Aminosäuren in der Homemade-Nierendiät}

Das Aminosäurenprofil könnte deutlich verbessert werden, wenn 2 gekochte Eier hinzugegeben würden oder wie gesagt die Schweinelunge durch Fleisch ersetzt würde. Futalis setzt stattdessen Taurin zu, das die meisten Hunde aus Methionin und Cystein selber synthetisieren und verkauft dies als besondere Herzunterstützungsfunktion. Mein Cystinuriker bekommt auch Taurin, um den Verlust von Cystin über den Urin auszugleichen. Gibt’s als handliche Kapseln im Bodybuilder-Bedarf.

Natürlich könnte man statt der Supplementierung auch einfach mehr Protein zuführen. Wir erinnern uns, dass futalis für Hannes ursprünglich 423g der Nierendiät empfohlen hat, statt der hier berechneten Menge von 316g. Somit wären nicht 49g Protein sondern 66g pro Tag zugeführt worden. 

Der eingangs erwähnte wunderbare Artikel zur Nierendiät von der futalis-Tierärztin nannte eine Dosierung von 8-11g Protein pro MJ im Futter als konkreten Hinweis. Das veranlasst mich zu der Frage, wie viel Protein einem nierenkranken Hund in Relation zum Stoffwechselgewicht (BW ^0,75) zugemutet werden kann, ohne mittels Kohlenhydrate die Energieaufnahme über den Bedarf zu schrauben.

Frage Nr. 6:
Wie viel Protein pro kg ^0,75 Körpermasse ist akzeptabel bei einer Nierendiät?

Schlusswort

Liebes futalis-Team,

falls Sie das hier lesen sollten und bis hier hin gekommen sind, würde ich mich über Antworten auf meine Fragen sehr freuen!
Ich weiß noch nicht, ob ich auf Fertigfutter umsteigen werde. Sollte ich das tun, werde ich in jedem Fall futalis in Erwägung ziehen, weil ich das Konzept überzeugend finde.

Mit besten Grüßen, Bettina Drüke mit Hannes

Überarbeitungs-Hinweis

Dieser Artikel ist eine Neuberechnung meines gleichnamigen Artikels in Facebook. Aufgrund einer inzwischen erfolgten Umstellung der Datenquelle kommen nun leicht andere Ergebnisse heraus. 

Futalis hat sich sofort gemeldet. Das fand ich gut.