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Greta – veganes Hundefutter analysiert

Greta - veganes Hundefutter

Ja, ich glaube an die Inhalts- und Wirkstoffe, mit der Pflanzen Mensch und Hund nähren und gesund erhalten. 

Nein, weder Hannes noch ich werden auf tierische Genüsse verzichten.

Ja, man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, seinen Hund vegan zu ernähren.

Nein, ich will hier keine Gesinnungsdiskussion führen, sondern einfach analysieren, ob vegane Hundeernährung mit Greta möglich ist und ob die Hersteller -Angaben zu diesem Futter glaubwürdig sind.

Ja, ich habe einen an der Klatsche und bin von Natur aus Erbsenzähler, Zahlenschubser und Langschreiber, deshalb wird’s wieder länglich.

Inhalt

1. Die Zutaten
2. Der Nachbau zum Nachrechen
3. Die Fütterung
4. Bedarfsdeckung ohne Zusatzstoffe
5. Zusatzstoffe
6. Deklarierte Nährstoffe
7. Fazit

1. Die Zutaten

Die Hersteller-Webseite Vegan4dogs ist modern gestaltet, klar, verständlich, locker, persönlich, fröhlich, seriös und macht mir Spaß. Greta ist recht offen deklariert, die Zutatenliste ist lang und liest sich ganz lecker und gesund, auch für den Menschen:

Zusammensetzung Greta
Die Zusammensetzung von Greta

Herkömmliches Hundefutter enthält häufig Reis oder Kartoffeln als Kohlenhydratquelle und Energieträger. Hier sind weder Soja noch Mais noch unspezifiziertes Getreide an erster Stelle, sie sind sogar gar nicht enthalten – das finde ich erfreulich. 

Ich würde meinem Hund einfach ungern Soja oder Mais geben wollen, mehr so aus einem unguten Gentechnik-bäh-Gefühl heraus als wegen irgendwelcher Fakten, hingegen finde ich das ein oder andere Getreide gar nicht verkehrt. Nur so als unfundierte, persönliche Meinung am Rande.

Die tierischen Bestandteile sind hier durch Erbsen- und Kartoffelprotein ersetzt und werden ergänzt durch Protein aus Linsen, Sonnenblumenkernen, Leinsamen und Bierhefe

Da habe ich schon den ersten Knoten im Kopf: So eine handelsübliche trockene grüne Erbse enthält 24% Protein von mäßiger Qualität, weil arm an schwefelhaltigen Aminosäuren. Sie ist dafür außerordentlich reich an Kupfer. Wenn man also das Protein isoliert – was passiert mit den restlichen Kohlenhydraten, Ballast- und Mineralstoffen, Spurenelementen sowie Vitaminen? Sind die dann weg? Das Gleiche gilt für Kartoffeln, die im geschälten und gegarten Zustand gerade mal 2% ebenso mäßiges Protein enthalten. Nach Abzug des enthaltenen Wassers sind auch nur 12% Protein in der Trockensubstanz. 

Wenn man schon Proteine aus dem Ursprungszusammenhang herauslöst – warum dann ausgerechnet aus so minderwertigen Quellen? Sesam, Dinkel oder Leinsamen beispielsweise haben eine für den Hund sehr viel höhere Protein-Wertigkeit, weil sie reich an schwefelhaltigen Aminosäuren sind. 

Rapsöl ist als Fett- und Energiequelle ganz gut geeignet für den Hund, da ein hoher Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren und das richtige Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von Natur aus vorliegt. Ob dann zusätzlich ein sehr hoher Anteil Omega-3-Fettsäuren (ALA) aus Leinsamen Sinn macht, kann ich nicht beurteilen. Gefühlt kann es nichts schaden. Den Anteil DHA aus homöopathischer Dosis an Schizo-irgendwas lasse ich einfach mal außen vor. Ebenso lasse ich außen vor, ob der Hund auch gesättigte (tierische) Fette braucht. Ich weiß einfach zu wenig darüber.

An Obst und Gemüse werden Möhren, Bananen und Rote Bete zugegeben. Das bekommt mein fleischfressender Hund auch. Neben wertvollen Faserstoffen wie Pektin für die Verdauung liefern sie auch wertvolle Mineralien, Spurenelemente und Vitamine. In Greta liefern sie bloß den Geschmack. Für die Verdauung sind in Greta Rosskastanien, Papayablätter und Fructooligosaccharide drin, allerdings nur in homöopatischer Dosis, wie die allerletzten Positionen auf der Zutatenliste vermuten lassen.

Ich bin bisher nicht auf die Idee gekommen, Kastanien an den Hund zu verfüttern und ich wüsste auch nicht, wo ich Papayablätter auf dem heimischen Wochenmarkt bekommen könnte oder warum ich überhaupt teuer eingeflogenen Obst-Abfall verfüttern sollte. Die Papaya-Frucht enthielte wenigstens Enzyme, die sich irgendwie positiv im Hund auswirken könnten. Immerhin sind Fructooligosaccharide bekannt für ihre probiotische Wirkung auf die Darmflora. Ob Majoran, Bohnenkraut und Liebstöckel sowie Tomatenpulver hier eine signifikante Bedeutung für den Nährwert haben oder lediglich Geruch und Optik für den fütternden Menschen verbessern, lasse ich mal dahingestellt sein – schaden tut’s auf keinen Fall.

Wie dem auch sei: Auch kochfaule hardcore-BARFer, die ja eigentlich Wert auf natürliche Ernährung legen, geben Ihren Hunden gerne gewässerte Kartoffel- und Gemüseflocken statt frisch geschreddertem/gekochtem Gemüse – warum auch immer.

Tja, und dann sind noch Cranberrys drin. Die sind voll mit Vitamin C und sollen den Harn ansäuern. Tatsächlich sind sie bloß gerade en vogue und sehr teuer und enthalten eine Vitamin-C-Dosis von 11mg/100g, während Hagebutten gerade für umsonst am Straßenrand stehen und 1,25g/100g enthalten. Zudem ist der Glaube, Vitamin C würde den Harn ansäuern, zwar sehr weit verbreitet (selbst unter Tierärzten), aber schlichtweg falsch.

Monocalciumphosphat und Algenkalk ist weder in meiner Datenbank noch in den gängigen Nährwertrechnern zu finden. Hilfsweise nehme ich Eierschalenpulver zur Berechnung, auch wenn es nicht vegan ist. Geht ja nur ums rechnerische Calcium – und etwas später auch um Phosphor.

2. Der Nachbau zum Nachrechnen

Was mich jetzt eigentlich interessiert, sind das Aminosäurenprofil und die natürlich vorhandenen Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe in Greta. Und ob die Inhalte mindestens den FEDIAF-Empfehlungen für ein Alleinfutter für Hunde entsprechen. Da die Hersteller-Webseite nicht alle Analyse-Ergebnisse veröffentlicht (aber immerhin schon weitaus mehr als die meisten anderen!), muss ich das Produkt nachbauen und selber rechnen mit Hannes seinem Futterrechner.

Version 1: Aus Home-Koch-Sicht

Ich nehme also die ersten drei angegebenen Zutaten in der angegebenen Menge und ordne den Rest bis einschließlich Seealgenmehl (Ascophyllum nodosum) in absteigender Menge hinzu, bis ich auf 1000g/Tag komme. 

Natürlich gibt es weder Erbsen- noch Kartoffelprotein, Tomatenpulver oder Bananenmehl im Tierfutter- oder Lebensmitteleinzelhandel zu kaufen. Also berechne ich knapp 1,5kg gekochte Erbsen und 5,1kg gekochte Kartoffeln zu je 100g des isolierten Proteins, indem ich Wasser und alle Nährstoffe außer Protein und Aminosäuren auf Null setze und unterstelle 1.670 kJ Brennwert pro 100g. Für Tomatenpulver entziehe ich nur rechnerisch das Wasser aus Tomatenmark und statt Bananenmehl nehme ich getrocknete Bananen, die kann man dann ja auch zu Mehl vermahlen.

Lebensmittel Menge kJ Prot Fett KH Faser Asche
Reis240356718118651
Kartoffeln geschält gegart230559302822
Erbsenprotein951587950000
Rapsöl812997081000
Kartoffelprotein611019610000
Linsen gegart55278501020
Sonnenblumenkern50102713131732
Leinsamen4591910163101
Mohrrübe frisch406500310
Bierhefe getrocknet25393121822
Banane getrocknet20252101311
Rote Bete gegart152800100
Eierschale10000004
Cranberry, Moosbeere91600000
Salz mit Jod7000007
Majoran Gewürz68110311
Bohnenkraut Gewürz56900310
Tomatenpulver45010200
Ascophyllum nodosum2400000
Summe1000129112201112772821
Greta als Rezept in Hannes seinem Futterrechner

Heraus kommen 1.000g Futter, bestehend u.a. aus 22,1% Protein und 11,0% Fett sowie 27,7% Kohlenhydrate. Das ist erst mal recht dicht an den vom Hersteller ausgewiesenen analytischen Bestandteilen.

Herstellerangaben Greta
Herstellerangaben

12,9MJ entsprechen 3.086kcal. 

Natürlich will ich keine 1000g/Tag bzw. 12,9MJ/Tag in meinen 30kg-Hund reinstopfen, aber es zeigt mir, dass das Rezept nicht passt, denn es fehlen deutlich mehr als 10% der Energie im Vergleich zum Greta-Futter. Faktisch fehlt noch mehr, weil meine Berechnung für unverarbeitete Nahrung generell höher liegt als die industrielle, verdaulichkeits- und faserkorrigierte Berechnung.
Nun gibt es wohl einen signifikanten Unterschied zwischen dem nachgebauten hypothetischen Futter und dem real analysierten Futter. 

Nämlich Wasser und Kohlenhydrate:

Trockenfutter darf nur unter 14% Wasser enthalten, sonst müsste der Feuchtegehalt in den Analysedaten ausgewiesen werden. Gehen wir mal von 9% aus. Somit liegt die komplette Analyse bei:

100% – 9% Wasser – 22% Rohprotein – 11,2% Rohfett – 2,6% Rohfaser – 5,7% Rohasche = 49,5% Kohlenhydrate.

Ups! Ganz schön anders als:

100% – 22,1% Protein – 11,0% Fett – 27,7% Kohlenhydrate – 3,6% Faser – 1,7% Asche = 33,9% Wasser.

Natürlich kommt das Wasser im Nachbau aus den “echten” Kartoffeln, Möhren, Rote Beten und Cranberrys sowie gegarten Linsen. Der Normalmensch versteht Kartoffeln und anderes Gemüse nun mal mit Wasser drin, während Reis normalerweise trocken aus dem Supermarkt kommt und vor dem Garen abgewogen wird. Diese Rechnung zeigt sehr deutlich, dass Trockenfutter nicht ohne küchenunübliche Bearbeitungen aus den angegebenen Zutaten herstellbar sind. Das gilt nicht nur für veganes Futter und sollte allgemein zeigen, dass Zutatenangaben aus Industrie-Sicht und nicht aus Koch-Sicht zu lesen sind.

Version 2: Aus industrieller Sicht

So, dann entwässern wir mal rechnerisch Kartoffeln, Linsen, Möhren, Rote Bete und Cranberrys. Das Äquivalent zu 100g getrockneten Kartoffeln besteht aus 1.068g gekochten Kartoffeln. Ähnlich bei Linsen, Möhren und dem Rest. 

Somit brauchen wir nicht nur deutlich weniger Kartoffelprotein sondern auch andere Mengen der übrigen Zutaten. Nehmen wir also nur 35g statt 60g Kartoffelprotein und hangeln uns im 1g-Abstand statt wie oben im 5g-Abstand bis zu 28g Rote Bete runter. Zusätzlich erhöhen wir die Calcium-Quelle (Eierschalen) auf 15g und hangeln uns dann grammweise von 14g Cranberrys auf 10g Tomatenpulver runter und erhöhen die Seealge auf 4g. Außerdem brauchen wir mehr Fett und nehmen 85g Rapsöl.

Im Ergebnis kommen wir so auf 983g, also 17g oder 1,7% weniger als vorgesehen. Aber wir treffen so genau 220g Protein und 112g Fett. Allerdings finden wir nur 453g Kohlenhydrate bei 65g Faser und 44g Asche. 

Nun ist mein Weltbild zurechtgerückt, Faserstoffe und Asche sind wie üblich höher als in Industrie-Analysen ausgewiesen und der Energiegehalt von 16,2MJ (entspricht 3.861kcal) pro kg liegt auch wie erwartet höher.

LebensmittelMengekJProtFettKHFaserAsche
Reis240356718118651
Kartoffeln geschält getrocknet23033522001651311
Erbsenprotein951587950000
Rapsöl853145085000
Kartoffelprotein37618370000
Linsen trocken34444811461
Sonnenblumenkern33678991121
Leinsamen32653712271
Mohrrübe getrocknet313472011122
Bierhefe getrocknet30472141932
Banane getrocknet29365101921
RoteBete getrocknet28300301451
Eierschale15000006
Cranberry getrocknet1419011550
Salz mit Jod130000013
Majoran Gewürz1216221521
Bohnenkraut Gewürz1115111621
Tomatenpulver1012420511
Ascophyllum nodosum4900101
Summe983161642201124536544

Gehen wir also davon aus, dass sich Teile der Ballaststoffe nach irgendeiner intensiven Bearbeitung aus industrieller Sicht durchaus als Kohlenhydrate deuten lassen und stellen fest, dass sich nur noch 986g – 220g Protein – 112g Fett – 453g Kohlenhydrate – 65g Faser – 44g Mineralien = 92 g Wasser oder 9,2% Wasser im Futter befindet.
Betrachten wir nun die reine verbleibende Trockensubstanz, also ohne alles enthaltene Wasser, kommen wir zu folgender Verteilung der Makronährstoffe:

Gewicht der Makronährstoffe Prot25%Fett13%KH51%Faser7%Asche5% Energie der Makronährstoffe Prot24%Fett27%KH49%

Diese Betrachtung ist ungewöhnlich, weil üblicherweise auf den Packungen nur Prozentangaben ausgewiesen werden, bei denen die Gesamtmasse und nicht die Trockenmasse betrachtet wird. Das erschwert die Vergleichbarkeit für den Verbraucher. Die hier ausgewiesenen Werte sind aber im Bereich von “ganz normalem” Trockenfutter für Hunde. 

Wobei der Fettgehalt als ziemlich gering angesehen werden kann. Dies führt dazu, dass Hund insgesamt mehr Futter aufnehmen muss als bei einem fetthaltigeren Futter.

3. Fütterung von Greta

Für welche Hunde ist veganes Futter sinnvoll?

Hunde werden nicht direkt von veganem Futter sterben. Insbesondere dann nicht, wenn das Futter tatsächlich alle benötigten Stoffe in der erforderlichen Menge und Verwertbarkeit enthält. Der Darmbarriere ist es egal, ob die in den Körper zu schleusende Aminosäure, das Bi- oder Tripeptid aus Protein von Pflanzen oder Tieren stammt, sofern es dort überhaupt ankommt. Also es ist möglich.

Sicher gibt es vegane Menschen, die ihr persönliches Ernährungskonzept dem Hund überstülpen, weil der Hund keine andere Wahl hat.

Es gibt aber nicht wenige Hunde, die hochunverträglich oder schwer allergisch auf Protein von allerlei Tieren reagieren. Zur Not vertragen diese Hunde noch Strauß oder Krokodil. Daraus kann ein erhebliches und kontinuierliches Beschaffungs- und Kostenproblem entstehen. In solchen Fällen ist vegan aus meiner Sicht eine wirklich sinnvolle und echte Lösung.

Die richtige Menge

Fütterungsempfehlung Greta
Fütterungsempfehlung des Herstellers.

Hannes wiegt 30kg. Bei 1,4% seines Körpergewichts als tägliche Ration laut Herstellerempfehlung wären 420g die zutreffende Ration.

Hannes ist 5 Jahre alt, kastriert und ein normal aktiver (mehr als eine Stunde aber weniger als 2,5 Stunden Gassigehen, Schwimmen, Radfahren, Rumtoben) Rüde. 

Laut der Berechnung von Hannes seinem Futterrechner braucht er täglich 5.257 kJ oder 1.256kcal an Energie. Faktisch reichen ihm 5MJ/Tag – bei mehr nimmt er zu. Somit braucht Hannes rechnerisch täglich 372g von Greta als Fertigfutter oder 319g von Gretas Nachbau, faktisch sogar noch etwas weniger. 

Hmmm. Was sagen wir nun dazu? Der Unterschied ist schon gravierend.

Üblicherweise ist der Energiebedarf und somit die Fütterungsempfehlung nicht proportional zum Hundegewicht steigend, sondern ausgehend von dem 15kg-Durchschnittshund für kleine Hunde wie dem 2kg-Chihuahua relativ wenig weniger und für große Hunde wie Neufundländer relativ wenig mehr. Dies wird erreicht durch den Bezug auf das Stoffwechselgewicht (=Körpergewicht 0,75). Meist wird gerechnet mit: 

Energiebedarf = Idealgewicht 0,75 x 95kcal

Bei der Fütterungsempfehlung des Herstellers würden kleine Hunde erst mal abnehmen und große erst mal zunehmen, bis der Halter die passende Menge rausfindet. Diese Fütterungsempfehlung ist wirklich mangelhaft! Ich greife dem unnötigen Anpassungsprozess durch eine passendere Rechnung vor.

Wird Hannes vegan?

Fakt ist, Hannes bekommt aufgrund seiner Cystinproblematik ohnehin schon reichlich Kohlenhydrate als Energiequelle. Und zusätzlich bekommt er ziemlich viel Gemüse und Obst wegen der guten sekundären Pflanzenstoffe und auch um seinen Harn zu alkalisieren statt anzusäuern. 

Von BARF kann man daher bei Hannes seinem jetzigen Futter nicht mehr sprechen. Nicht mal mehr von roh. Eher viel Gekochtes. Der Schritt zum veganen Hund wäre gar nicht so groß, wie ich früher gedacht habe.

Allerdings lege ich in der täglichen Fütterung hohen Wert darauf, dass das Protein möglichst hochwertig ist – ganz einfach, weil es streng limitiert ist. Und da sind ganz banale Hühnereier ziemlich unschlagbar. Auch Muskel-Fleisch und Organe vom Tier liefern ziemlich gutes Protein und die meisten anderen lebensnotwendigen Stoffe, auch ohne aufwendige technische und chemische Verfahren, um sie für den Hundeorganismus nutzbar zu machen. 

Wie oben erwähnt, stechen Sesam und Dinkel als Proteinquellen das Muskelfleisch aber locker aus im Hinblick auf das Aminosäurenprofil für den Hund. Wohingegen Kartoffeln, Erbsen und Linsen einfach ziemlich weit weg von hochwertigem Protein für Hunde sind.

Nein, ich denke nicht, dass Hannes vegan wird. Und wenn er das werden sollte, dann sicher nicht mit einem Trockenfutter.

4. Bedarfsdeckung ohne Zusatzstoffe

Schauen wir uns nun an, wie die Versorgungslage mit Greta-Fütterung aussieht, bevor wir uns den im Original hinzugefügten Zusatzstoffen widmen. Als Referenz dienen die FEDIAF-Empfehlungen(Seite 58) für ein Alleinfutter für Hunde. 319g des Greta-Nachbaus mit Trockengemüse bringen Folgendes in den 30kg-Hund:

Bedarfsdeckung in % 100Energie114Protein184Fett100%
Die Grundversorgung mit Energie, Protein und Fett stimmt.

Hund bekommt genau die Menge Energie, die er braucht – kein Wunder, denn genau so wurde die Dosis berechnet. 
Sein Proteinbedarf ist mehr als gedeckt und er bekommt auch reichlich sein Fett ab, obwohl der Fettanteil im Futter ziemlich gering ist.

Aber wie so oft steckt der Teufel auch hier im Detail:

Aminosäuren Bedarfsdeckung in % 112Prot306Arg192His186Ile156Leu268Lys71Met68MC161Phe169PT155Thr131Trp176Val100% Mineralstoffe Bedarfsdeckung in % 122Ca49P143K463Na573Cl112Mg63Cu168J111Fe125Mn0Se*22Zn100%
Vitamine Bedarfsdeckung in % 279A6D99E242B126B256B5275B617B12306B31124B9100% Kennzahlen zu Nährstoffen 1240Ca:P3.165.5785Harn-pH7.22045500EASy18.1525100ω6:ω31.61020250Prot/MJ13.7
Die Mikronährstoff-Versorgungslage im Greta-Nachbau schwächelt ohne Zusätze.

Defizite

Vitamin D fehlt gänzlich – dies wäre fatal für den Calcium- und Phosphorstoffwechsel. Im Gegensatz zum Menschen kann der Hund Vitamin D nicht aus dem Sonnenlicht herstellen. Der BARFer füttert Seefisch oder Lebertran, um den Vitamin-D-Bedarf zu decken – dem veganen Hund fehlt hier einfach etwas Grundlegendes.

Die Vitamine B12, B2 und B5 sind teilweise nur in Spuren enthalten. Dies ist kein Wunder, denn natürlicherweise finden die sich in ausreichender Konzentration hauptsächlich in tierischen Organen. Ohne weitere Zugabe von B12 wird es Probleme im Protein-(Methionin-)Stoffwechsel und in Folge dessen Blutarmut oder neurologische Symptome geben.

Dass Zink mangelhaft enthalten ist, verwundert überhaupt nicht, denn auf natürlichem Weg enthalten weder unsere tierischen noch unsere pflanzlichen Nahrungsmittel ausreichend Zink, um den Bedarf des Hundes zu decken. (Es sei denn, man füttert Austern…). Zink ist allerdings wichtig für das Immunsystem und die Haut.

Der Kupferbedarf könnte pflanzlich beispielsweise über Hagebutten oder Cashew-Kerne gedeckt werden oder tierisch über Leber. Auch geBARFte Hunde erhalten häufig keine bedarfsdeckende Menge Kupfer. Kupfermangel führt zu Blutarmut.

Der ausgewiesene Phosphormangel ist vermutlich im Originalrezept nicht vorhanden. Vegan4Dogs verwendet logischerweise kein Eierschalenpulver (das ich hilfsweise zur Berechnung verwende) sondern – wie oben bereits erwähnt – Monocalciumphosphat und Algenkalk. Möglicherweise ist der Phosphorbedarf des Hundes bereits gedeckt durch den Phosphoranteil im Phosphat – rechnerisch muss ich da mangels Chemie-Grundlagen passen. Somit ist das Calcium-Phosphor-(CA:P-)Verhältnis vermutlich nicht so hoch wie rechnerisch ermittelt, sondern liegt gemäß Deklaration bei 1:1,3.

Das Hauptproblem in diesem Futter sind in meinen Augen die fehlenden Aminosäuren Methionin und Cystein. Dieser Mangel führt dazu, dass nur ein geringer Anteil des zugeführten Gesamtproteins im Hundestoffwechsel aus essentiellen Aminosäuren zu körpereigenem Protein synthetisiert werden kann. Dies wiederum führt einerseits zu einem Proteinmangel an sich und andererseits zu aufwendigen Um- und Abbauprozessen der nicht synthetisierbaren Aminosäuren in Leber und Niere. 
Lediglich 18,15% der mit dem Greta-Nachbau-Futter zugeführten Aminosäuren können zur Proteinsynthese genutzt werden (EASy). Kein Wunder, bei der Zusammensetzung der Proteinquellen:

Proteinqualität: x=Protein%, y=EASy 3.7 27.7 51.7 75.7 100 9 14 19 23 28 BananeBierhefeBohnenkrautCranberryErbsenproteinKartoffelnKartoffelproteinLeinsamenLinsenMajoranMohrrübeReisRoteBeteSonnenblumenkernTomatenpulver
Proteingehalt und -qualität der Zutaten in Greta.

Lediglich Sonnenblumenkerne, Leinsamen und Cranberrys können es mit der Proteinqualität von Fleisch und Innereien aufnehmen, können aber aufgrund der geringen Menge im Futter die minderwertigen “Reinproteine” aus Kartoffeln und Erbsen nicht ausgleichen. 
Zusätzlich ziehen Linsen und das Tomatenpulver die Qualität weiter herunter.

Überschüsse

Der natürliche Mangel an Folsäure (Vitamin B9) in veganen Diäten wird durch das Seealgenmehl (Ascophyllum nodosum) sowie die Bierhefe mehr als ausgeglichen. Was der Körper davon nicht benötigt, scheidet er aus. Ist also kein Drama.

Greta enthält recht viel Salz, was sich in einer unnötig hohen Zufuhr von Chlorid und Natrium niederschlägt. Im Gegensatz zum Menschen bekommt Hund davon keinen Bluthochdruck und für den gesunden Hund ist es daher nicht schädlich. Und im Gegensatz zu Cranberrys trägt der hohe Chloridgehalt im Salz tatsächlich zu einer Harnansäuerung bei. Dies liegt daran, dass der Harn-pH über die Kationen-Anionen-Bilanz beeinflusst wird. Der errechnete Harn-pH von 7,2 wäre gar nicht schlecht zur Vorbeugung von fast allen Harnsteinen – aber er wäre förderlich für das Entstehen von Struvit-Steinen in Verbindung mit Blaseninfektionen. Das sollte Mensch im Hinterkopf behalten. Tatsächlich dürfte der Harn-pH niedriger ausfallen als errechnet, denn eine tatsächlich größere enthaltene Menge Phosphor wurde ja bereits beschrieben.

5. Zusatzstoffe

Zusatzstoffe in Greta
Zusatzstoffe nach Herstellerangaben

Defizitausgleich

Zunächst einmal werden die bereits festgestellten Defizite wie erwartet ausgeglichen:

Vitamine D, B12, B2 und B5 als D-Panthenol, die Spurenelemente Zink und Kupfer sowie die fehlenden schwefelhaltigen Aminosäuren mit Taurin und L-Carnitin.

Hier habe ich den zweiten Knoten im Kopf. Vitamin D gibt es in zwei Derivaten: D2 wird in Pflanzen hergestellt – D3 in Tieren. Nun wird hier behauptet, pflanzliches Vitamin D3 zu verwenden. Diese Behauptung steht nicht bloß versteckt in der Zusatzstoffliste sondern auch ganz prominent als zweite Eigenschaft (nach 100% vegan) in der Kurzbeschreibung, die der Interessent als erstes auf der Produktseite findet: “Mit pflanzlichem Vitamin D3, registriert durch die Vegan Society”. Google ist mein Freund und leitet mich zur Vegan Society, die schreibt, man könne D3 aus “lichen” gewinnen. Zu Deutsch “Flechten”. Die Verbraucherzentrale schreibt dazu, das sei chemisch identisch mit dem tierischen D3. Warum können die Hersteller nicht einfach “Flechten” (die übrigens KEINE Pflanzen sind) als Quelle dazuschreiben, wenn die Quelle doch so wichtig ist?

Und wenn wir schon mal am Hinterfragen sind: Warum B5 als D-Panthenol und nicht als Pantothensäure? D-Panthenol hat eine um 20% verminderte Wirksamkeit gegenüber der Pantothensäure.

Statt Methionin werden Taurin und L-Carnitin hinzugesetzt. In begrenztem Maße ist das tatsächlich ein wirksamer Ersatz – dennoch wird Methionin vor der Weiterverarbeitung zu Cystin, Taurin und Carnitin als Starter-Aminosäure bei der endogenen Proteinsynthese benötigt. Ob 1/3 des Bedarfs so supplementiert werden sollte? Ich weiß es nicht. 

Nachtrag: Möglicherweise wird Taurin/L-Carnitin auch zugesetzt, weil es schlichtweg in Pflanzen nicht vorkommt und Hunde zwar Taurin synthetisieren können – aber bei omnivorer Ernährung dennoch reichlich Taurin aufnehmen würden und somit nicht den gesamten Taurinbedarf selbst decken müssten. Eine rein pflanzliche Fütterung, basierend auf Kartoffeln und Hülsenfrüchten, könnte bei Hunden zu Herzkrankheiten (DCM) führen.

Weitere Zusätze

Biotin, B4 Cholin und Selen kommen in Hannes Seinem Futterrechner nicht vor. Biotin ist für Hunde nicht essentiell. Cholin wird in Nährwerttabellen nicht ausgewiesen, da es für den Menschen nicht essentiell ist. Selen wiederum wird in Nährwertdatenbanken nicht ausgewiesen, weil der tatsächliche Gehalt zu stark von örtlichen Bodengegebenheiten abhängt, als dass seriöse Durchschnittsgehalte angegeben werden könnten. In jedem Fall handelt es sich um wichtige und richtige Substanzen. Ob und wieviel davon in den Zutaten bereits vorhanden ist und ob somit überhaupt eine Supplementierung nötig wäre, wissen wir nicht.

Die fettlöslichen Vitamine A und E sind zwar ausreichend in den Ausgangszutaten enthalten, könnten aber während der (mir unbekannten) Verarbeitungsprozesse abhanden kommen. Gleiches gilt für die wasserlöslichen Vitamine C, B1, B3 Nicotinsäure, B6 und B9 Folsäure. Zusätzlich haben die Vitamine E und C erst mal eine antioxidative, also konservierende, Wirkung auf das Futter und dann erst auf den Hund. Vitamin C als Phosphat wäre mir neu.

Sollten zu viele wasserlösliche Vitamine im Futter sein, scheidet Hund sie einfach aus. Das ist bei Vitamin A und E nicht der Fall – aber negative Auswirkungen ergäben sich trotzdem nicht, denn die Dosierung ist nicht extrem. Interessant finde ich nicht nur die Unterscheidung von Vitamin E als Zusatzstoff in “ernährungsphysiologisch” und “technologisch” als auch die Deklaration von Vitamin C als Phosphat.

Deklarierte Nährstoffe

Dann vergleichen wir mal die in den Analysewerten und bei den Zusatzstoffen als “nativ” deklarierten Mikronährstoffe in Greta mit den Inhalten im Nachbau und den FEDIAF-Empfehlungen (S.15) für ein Alleinfutter für Hunde.

NährstoffOriginalNachbauEmpfehlungBemerkungen
Calcium6,1g6,8g5,8g
Phosphor4,6g2,5g4,6gEierschale im Nachbau
Kalium5,0g8,1g5,8gzu wenig im Original
Natrium3,5g5,7g1,2gberuhigend: Original weniger Salz!
Magnesium1,5g1,0g0,8g
Eisen307mg43mg41,7mgunmögliche Menge im Original!
Mangan17,8mg11,1mg6,7mg
Jod1,19mg2,3mg1,2mgabsurd viel im Nachbau
Lysin12,4g12,6g4,6g
Methionin4,5g3,0g4,6gWo kommt das Methionin
Cystein3,7g2,5g4,2gund Cystein im Original her?

Abweichungen im Nachbau

Wie bereits vermutet, kommt zusätzlicher Phosphor aus dem Monocalciumphosphat und mein Nachbau aus Eierschalen weist zu wenig aus. Der empfohlene Mindestwert wird genau getroffen. Somit liegt das Ca:P-Verhältnis bei gesunden 1,3.

Der hohe Salzgehalt im Nachbau ist der Position in der Zutatenliste geschuldet. Gut zu wissen, dass doch nicht so viel Natrium im Futter ist, wie berechnet.

Jod war natürlich im Nachbau viel zu hoch angesetzt – die doppelte benötigte Menge Seealgenmehl wäre aber vertretbar gewesen und würde nicht zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen.

Ungereimtheiten im Original

Die Deklaration erreicht den empfohlenen Mindestwert von 5,8g Kalium pro kg Futter nicht, während der Nachbau mehr als ausreichend enthält. Nach meiner Berechnung müssten bereits 4,3g Kalium aus den getrockneten Kartoffeln kommen – der einzigen Stärke (außer Stärke) von Kartoffeln. Gehen beim Trocknen Mineralien verloren? Das würde mich wundern. Für Hunde mit angeschlagenen Nieren oder Herzen wäre ein ausreichender Kaliumgehalt schon wichtig.

Die ausgewiesene Menge von 307mg Eisen pro kg Futter kann einfach nicht stimmen! Im Nachbau kommen 20,42mg allein aus 12g Majoran + 30g Bierhefe + 11g Bohnenkraut. Majoran & Bohnenkraut müssten wegen zu viel Salz & Position in der Zutatenliste eigentlich noch runterdosiert werden. Schaut man nach eisenreichen Lebensmitteln, finden sich auf den Top-Positionen jede Menge Gewürze (davon Majoran nach Thymian und Kardamom auf Platz 3) und erst auf Rang 8 Schweineblut, wo man hohe Eisen-Konzentrationen erwarten würde. Wären 350g Majoran pro kg Futter enthalten (also mehr als ein Drittel des Futters), käme man nur auf 298mg. Ich kann mir eher vorstellen, dass 30,7mg Eisen im Futter sind und das wäre nicht bedarfsdeckend.

Die angegebenen Methionin- und Cysteinmengen sind fast um die Hälfte höher als die berechneten, während der Lysingehalt fast und der Gesamt-Proteingehalt genau gleich sind. Und da habe ich einfach Zweifel, dass das stimmen kann. Das Aminosäurenmuster ist genetisch und artenspezifisch. Gibt es da spezielle Erbsen- oder Kartoffel-Züchtungen? Oder spezielle Bearbeitungsverfahren, die den Anteil schwefelhaltiger Aminosäuren im Protein um 50% nach oben drücken und den Lysingehalt konstant lassen? Kann ich mir schwer vorstellen, aber ich lasse mich da gern eines Besseren belehren. Dass die Futterzutaten ein Defizit an schwefelhaltigen Aminosäuren aufweisen, wird durch die Zugabe von Taurin und L-Carnitin ja bereits offen gelegt.

7. Fazit

Jetzt habe ich mich einige Tage mit einem einzigen Futter beschäftigt, dass ich persönlich nicht in Erwägung ziehen würde und auch nicht werde, solange keine Notwendigkeit besteht. 

Eine differenziertere Fütterungsempfehlung würde ich mir schon wünschen, weil sie einfach eben nicht zielführend ist. Bis auf die Angabe zum Methionin/Cysteingehalt ist es außerordentlich offen deklariert. 

Ich glaube schon, daß Mensch seinen Hund mit diesem Futter gesund erhält. Ich sehe eigentlich keinen Unterschied zu konventionellem Trockenfutter. 

Mir ist gerade bewusst geworden, welch drastische Umformungen von natürlich scheinenden Zutaten nötig sind, um die nötigen Nährstoffe in Trockenfutter zu bekommen. Dies dürfte bei anderen Trockenfuttern nicht anders sein.

Meine Meinung: Kann man füttern.

Überarbeitungs-Hinweis

Dieser Artikel ist eine Neuberechnung meines gleichnamigen Artikels in Facebook. Aufgrund einer inzwischen erfolgten Umstellung der Datenquelle kommen nun leicht andere Ergebnisse heraus.

Veröffentlicht unter Nachbauten

2 Kommentare

  1. Volker

    Großartiger Artikel!
    Methionin und Cystein werden vom Hersteller ergänzend hinzugefügt.
    Auf Anfrage erhält man eine detailierte Nährwertanalyse, was ich vorbildlich transparent finde.
    Genau wie Sie wundere ich mich jedoch sehr über den viel zu hohen Eisengehalt (Kommastelle verschoben?) und habe deswegen den Hersteller mit Bitte um Klärung kontaktiert.
    MfG

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