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Fallstudie: Leber und Ohren vom Schwein plus Gemüse ohne Zusätze

Schweineleber und -ohren plus Gemüse

Wieder mal ein Fall aus einer Facebook-Diskussion: Ein Hundehalter postet sein Kochrezept und erntet Shitstorm. In der Tat ist das Rezept hoch speziell – aber verdient keinen Shitstorm. Dennoch ist es mit wenigen Änderungen recht einfach erheblich verbesserungsfähig.

Inhalt

1. Das Originalrezept im Nachbau
1.1. Die Zutaten
1.2. Die Makronährstoffe
1.3. Die Mikronährstoffe

2. Optimierungsansätze
2.1. Zutatenänderung
2.2. Die Makronährstoffe
2.3. Die Mikronährstoffe

3. Überlegung zu Leber und Vitamin A
3.1. Nährstoffgehalt und Futtermengen in Leber verschiedener Tierarten
3.2. Lebenserwartung der Tierarten
3.3. Lebermenge im Hundefutter

4. Fazit

1. Das Originalrezept im Nachbau

Mittlerweile ist der Post gelöscht und der Ersteller kommentarlos aus der Gruppe verschwunden. Das ist ärgerlich, weil mich wirklich interessiert hat, wie sich dieses recht einzigartige Rezept rechnerisch darstellt. Ich habe mir unbestätigt erlaubt, das Foto der Zutaten von diesem mir gänzlich unbekannten Menschen als Titelbild „auszuleihen“. Nach der Veröffentlichung werde ich ihn kontaktieren und um Erlaubnis bitten. Im Zweifel wird das Bild durch irgendwas anderes ersetzt.

Zum Glück hatte ich mir bereits vorher die Kerndaten aus der unsäglichen Diskussion abgegriffen. Einzig über den Hund, der da gefüttert wird, wissen wir überhaupt nichts. Zusätzlich zu dem selbstgekochten Menü bekommt der unbekannte Hund in einem unbekannten Anteil ein unbekanntes Trockenfutter.

Hier in der Modellrechnung nehme ich daher meinen 15-kg-Standard-Hund mit einem Energiebedarf von 3,1MJ/Tag und verfüttere dieses Rezept rechnerisch.

1.1. Die Zutaten

Ich nehme an, dass die Mengenangaben im Rohzustand angegeben wurden. Anschließend wurde alles gegart.

  • Beim Gemüse ist das mengenmäßig unerheblich,
  • während bei Fleischgarung Saft austritt, der nach dem Garen nicht mehr mitgezählt wird und somit tierische Zutaten in gegartem Zustand mit geringerem Gewicht in das Rezept eingehen als das Rohgewicht – auch wenn der dann mit verfüttert wird (was ja auch sinnvoll ist!).
  • Bei Teigwaren ist durch das Garen ein erhebliches Aufsaugen von Kochwasser Standard, so dass die Garmenge ein Vielfaches des Trockenproduktes ergibt.

Da ich jetzt nicht mehr nachfragen kann, rechne ich die angegebenen Rohwaren rechnerisch um in „Garwaren“ und komme zu folgendem Rezept:

Lebens-/Futtermittelg gesamt rohg gesamt gegartg gegart/TagkJProteinFettKHFaserAsche
Schwein,Leber gegart250021983141943,775,416,33,504,1
Mohrrübe gegart900900128,6209,210,38,741
Broccoli gegartgeschätzt nach Bild ca. 800800114,3162,94,30,23,13,41,1
Kartoffeln ungeschält gegart800800114,3277,71,7013,71,10,8
Nudeln eifrei gekocht20050071,4427,13,60,420,11,40,2
Fenchel frischkeine gegart-Angabe verfügbar, vermutlich unerheblich40057,155,60,80,11,71,10,6
Schwein,Schwarte gekochtunbekannt: 4 Stück Schweineohr, bestehend hauptsächlich aus Haut & Knorpel, wie Schwarte.40057,1393,121,20,9000,3
Summe5998856,83469,310818,250,8118,1
Bedarf31263812
Abweichung343,3706,2
geschätztes Originalrezept nach Beschreibung und Bild

Der Grund des Shitstorms ist für Insider sofort erkennbar:

  • Schweineleber ist die Hauptzutat.
  • Schwein ist in Gänze unbeliebt in Hundefutter wegen der Gefahr des Aujeszky-Viruses. Zwar gilt der bundesdeutsche Hausschweinbestand als Aujeszky-frei – aber man weiß ja nie, wo das Schwein herkommt. Wenn Hund damit infiziert wird, stirbt er garantiert. Das Risiko will hier niemand eingehen. Beim Garen mit einer Kerntemperatur von 76°C wird das Virus zuverlässig ausgeschaltet. Gegart stellt es also gar kein Risiko dar – aber weil die BARF-Szene diese Warnung bei Rohfütterung gebetsmühlenartig wiederholt, ist die Skepsis sogar unter den Futter-Köchen sehr groß.
  • Die Leber ist ein Organ, das alle Schadstoffe wie Cadmium und anderes lebenslang akkumuliert. Aus diesem Grund wird dies üblicherweise sparsam gefüttert.
  • Viele Hunde bekommen von Innereien weichen Kot bis hin zu Durchfall. Ein weiterer Grund, Innereien sparsam einzusetzen für den Durchschnittshund.
  • In Leber werden gigantische Mengen Vitamin A eingelagert. Der NRC als weltweite Bibel zu Richtwerten limitiert die akzeptable Aufnahmemenge ziemlich knapp, während in Europa nur Maximalwerte aufgrund gesetzlicher Vorschriften existieren und der FEDIAF keine negativen Auswirkungen von dauerhafter massiver Überversorgung mit Vitamin A im Hund bekannt sind. Für Fertigfutter gibt es gesetzliche Grenzwerte (falls supplementiert), die bei 6.500% des Mindestbedarfs liegen. Natürlich ist jeder Insider äußerst empört über sowas, siehe unten.


Ich habe hier jetzt die Gesamt-Menge genommen, die in einem Gang gekocht wird. Laut Besitzer reicht das für 2,5 Wochen bei Kombi-Fütterung mit Trockenfutter. Hannes sein Futterrechner errechnet das als über die Woche verteilt nur 11% über dem Kalorienbedarf meines Durchschnittshundes, falls dieser Hund sonst gar nichts anderes bekommt als diese Mischung. Das kann energetisch durchaus passen, wenn der Hund ein Jack Russell mit rassetypisch hohem Grundumsatz oder ein junger Hund ist.

Wir schauen uns im Folgenden also ausschließlich diese Mischung als Futter an.

1.2. Die Makronährstoffe

Dieses Rezept ist äußerst proteinlastig und fettarm: Es enthält fast den dreifachen Proteinbedarf, besteht zu 43% aus tierischen Erzeugnissen, die üblicherweise als „Nebenprodukte“ laufen und 0,0% Muskelfleisch, was üblicherweise die hauptsächliche tierische Komponente ist. Rechnet man das Wasser aus dem Rezept raus, ist 55% der Trockensubstanz Protein woraus 54% der Energie gezogen werden muss:

Bedarfsdeckung in % 111Energie284Protein151Fett100% Gewicht der Menükomponenten Fleisch43%Gemüse48%Teigwaren8% Gewicht der Makronährstoffe Prot55%Fett9%KH26%Faser6%Asche4% Energie der Makronährstoffe Prot54%Fett20%KH25%

Warum ich das hier so deutlich mache? Es ist keine gute Lösung, den Energiebedarf hauptsächlich über Protein decken zu müssen. Der Hund muss das mehr als reichliche Protein in Glucose umwandeln, um daraus Energie ziehen zu können. Allein dieser Umwandlungsprozess kostet sehr viel Energie. Den nennt man Glugoneogenese. Das zehrt am Hund und er wird matter und unlustiger als wenn er seine Energie aus Fett oder Kohlenhydrate zieht.

Zusätzlich ist ein signifikanter Anteil dieses Protein-Overloads fast reines Bindegewebe aus den Schweineohren. Das ist besonders schwer verdaulich, so dass ein nicht unerheblicher Anteil möglicherweise nicht ausreichend zerlegt und im Dünndarm aufgenommen werden kann, sondern dem Mikrobiom im Dickdarm zur Zersetzung überlassen wird. Damit füttert man genau die falschen Mikroben an. Diese werden sich stark vermehren und die guten Mikroben verdrängen, trotz des hohen Gemüseanteils. Über kurz oder lang führt das unweigerlich zu Verdauungsstörungen, meist in Form von Durchfall.

Auch die Energiegewinnung aus Fett ist ein intensiver Prozess – aber das kann der gesunde Hund recht gut. Die am leichtesten verfügbare Energie kommt aus Kohlenhydraten. Sowohl Fett als auch Kohlenhydrate sind hier aber deutlich in der Minderheit.

1.3. Die Mikronährstoffe

Neben der Energiezufuhr muss Nahrung ganz schlicht Nährstoffe zuführen. Die sind keine „Geschmackssache“ sondern Grundlage für ein gesundes Leben. Dann schauen wir uns mal die Nährstofflage aus diesem Rezept an:

Aminosäuren Bedarfsdeckung in % 286Prot586Arg686His588Ile518Leu909Lys327Met265MC440Phe473PT451Thr363Trp522Val100% Protein-Kennzahlen 2030300EASy27.67102031.10Prot/MJ31.139786890Purin689

Alle Aminosäuren sind ebenso wie Protein in Gänze mehr als reichlich vorhanden. Die Proteinqualität (EASy) ist sehr hoch – trotz der bindegewebigen Schweineohren. Allerdings ist der Proteinanteil an der Energie mit mehr als 31g Protein pro MegaJoule (Prot/MJ – auch bekannt als PEQ) weit außerhalb des akzeptablen Bereichs, wie bereits oben dargestellt. Die Purinlast ist durch die kleinzellige Leber seeeehr hoch – allerdings stellt das für den gesunden Hund kein Thema dar. Lediglich Dalmatiner und wenige andere Rassen mit genetischen Störungen im Harnstoff-Stoffwechsel sowie Hunde unter Allopurinol haben hier ein genetisches oder medikamentöses Problem. Daher gibt es hier auch keinen „roten Bereich“.

Mineralstoffe Bedarfsdeckung in % 15Ca184P207K134Na156Cl100Mg276Cu35J833Fe186Mn0Se*158Zn100% Mineral-Kennzahlen 1230Ca:P0.105.5785Harn-pH5.5

Bei den Mineralstoffen sehen wir zunächst eine fast vollständige Abwesenheit von Kalzium (Ca), was zu einem Ca:P-Quotient von 0,1 führt. Das bedeutet, der Hund muss ständig Kalzium aus den Knochen auslösen, um die Kalzium-Homöostase (Gleichgewicht) im Blutspiegel für die Signalübertragung aufrecht zu erhalten. Über Kurz oder Lang wird das zu Knochenproblemen führen – Osteoporose will niemand im Hund!

Zusätzlich führt das zu einem grenzwertig niedrigen Harn-pH, welcher die Bildung von recht schmerzhaften und komplett überfüssigen Harnsteinen fördern kann. Braucht auch kein Hund!

Ebenfalls fehlt dieser Nahrungsform der größte Teil am Jodbedarf. Das führt dann auf Sicht dazu, dass die Schilddrüse eine Unterfunktion entwickeln wird. Er wird dann fett und träge. Auch das wollen wir im Hund nicht sehen!

Der hohe Eisengehalt sieht erst mal erschreckend aus, ist aber noch völlig im Rahmen. Weicher Kot könnte bei empfindlichen Hunden die Folge sein.

Ansonsten sind soweit alle Mineralien und Spurenelemente ausreichend im Futter vorhanden – lediglich zu Selen fehlen uns jegliche verlässliche Informationen zum Gehalt.

Das muss man anderweitig ohne Zusatzstoffe erst mal hinkriegen!

Vitamine Bedarfsdeckung in % 32564A0D48E282B1891B2794B5826B61558B122220B3939B9100% Fett-Kennzahlen 1001501500LA%7225100ω6:ω32.4301001000ALA/ω370.6110Vit.E/ω0.66

Die Vitamin-Bedarfsdeckung erschließt sich visuell ohne Zahlenangabe gar nicht mehr bei der offenkundigen Vitamin-A-Überversorgung!

Mit dem 325fachen (!) Vitamin-A-Bedarf werden alle anderen Vitamine erst mal zweitrangig. Eine derartige Überschreitung wurde bisher meiner Kenntnis nach keinem einzigen wissenschaftlichen Versuch unterzogen. Gesetzlich liegt wie erwähnt das Limit bei ca. 6.900% Bedarfsmenge, also dem 69fachen Bedarf. Laut von der FEDIAF zitierten Studien treten negative Effekte bis zu den dreifachen gesetzlichen Grenzwerten (bei ca. 20.700%) nicht auf – darüber hinaus wurde es vorsichtshalber nicht untersucht. Allgemein sind „Hypervitaminosen“ aus Vitamin A beim Hund nicht bekannt – aber bei 32tausendfacher Bedarfsmenge würde ich tatsächlich keinesfalls erwarten, dass dies dem Hund gut tut. Das Vitamin A kommt ausschließlich aus der Schweineleber. Diese ist also zwingend zu reduzieren!

Zusätzlich fehlt Vitamin D komplett! In Verbindung mit dem fast nicht vorhandenen Kalzium (siehe oben) ist die Knochengesundheit wirklich akut gefährdet, wenn man diese Kombi dauerhaft füttert.

Bei Vitamin E ist nicht mal die halbe Bedarfsdeckung gewährleistet. Dieses Vitamin konserviert nicht bloß den Hund an sich, sondern insbesondere darüber hinaus mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Hier konserviert es zwar Omega3+Omega6 – aber eben nicht den Hund. Das kann langfristig zur Folge haben, dass diverse innerhundliche Entzündungsgeschehen „aus dem Nichts“ auftreten und allerlei Tierarztbesuche zur Klärung und Beseitigung derselben erforderlich werden. Vermeidbar!

Überschüsse aus B-Vitaminen werden ausgestrullt und stören eigentlich nicht. Ich persönlich habe Bedenken, ob B12 nicht doch eingelagert wird und in den Mengen Probleme verursachen kann wie beim Menschen. Hundlich sind mir jedoch keine „Schadensmeldungen“ diesbezüglich bekannt.

Zu guter Letzt fehlt dem Rezept Linolsäure (LA%) für die Hautgesundheit bei einem ansonsten schönen Profil der essentiellen Fettsäuren aus den Omega3 Fettsäuren.

2. Optimierungsansätze

Wir reduzieren zunächst den absurden Protein- und Vitamin A-Gehalt, indem wir die Lebermenge halbieren und die gestrichenen Kalorien durch Schweineschmalz ersetzen. Zur Verdeutlichung der Verhältnisse: 1250g rohe und sehr magere Schweineleber hat denselben Energiewert wie 160g Schmalz! Somit verteilen wir die Energie im Hinblick auf die Verdauung gleichmäßiger auf die Makronährstoffe und führen gleichzeitig mehr Linolsäure für die Hautgesundheit zu.

Dann fügen wir die fehlenden Nährstoffe in drei Komponenten hinzu:

  1. Kalzium aus Eierschalen
  2. Vitamine D+E aus dem „Zauberöl“ Glanzstoff [Achtung: Dies ist unbezahlte Werbung!]
  3. Jod aus Seealgen. Hier nimmt man üblicherweise „Ascophyllum Nodosum“ – davon sollte man aber nur Produkte mit chargenweise deklariertem Jodgehalt kaufen und ggf. nochmals berechnen.

2.1. Die Zutatenänderung

Schauen wir uns jetzt das neue Rezept an:

Lebens-/Futtermittelg/Wocheg/TagkJProteinFettKHFaserAsche
Schwein,Leber gegart1099157,0971,837,78,21,702
Mohrrübe gegart900128,6209,210,38,741
Broccoli gegart800114,3162,94,30,23,13,41,1
Kartoffeln ungeschält gegart800114,3277,71,7013,71,10,8
Nudeln eifrei gekocht50071,4427,13,60,420,11,40,2
Fenchel frisch40057,155,60,80,11,71,10,6
Schwein,Schwarte gekocht40057,1393,121,20,9000,3
Schweineschmalz, -fett16022,9846,1022,9000
Eierschale253,6000001,4
Glanzstoff BARF-Kultur/Napfstoff213,0110,103000
Ascophyllum nodosum 480mgJ3,50,51,1000,100,1
Summe5108,5729,83454,870,435,849,211,27,6
Bedarf31263812
Abweichung328,832,423,8
Entschärftes Originalrezept

2.2. Die Makronährstoffe

Bei konstanter Menge Energie werden die Quellen besser verteilt auf alle Enzymsysteme:

Bedarfsdeckung in % 111Energie185Protein299Fett100% Gewicht der Menükomponenten Fette3%Fleisch29%Gemüse57%Teigwaren10%Zusätze1% Gewicht der Makronährstoffe Prot40%Fett21%KH28%Faser6%Asche4% Energie der Makronährstoffe Prot35%Fett40%KH25%

Wir haben den Fleischanteil von 43% auf 29% gesenkt. Bevor jetzt hier jemand aus den Prozente-fixierten BARF-Kreisen rumnölt: Dieser vermeintlich geringe Fleischanteil resultiert aus dem erheblichen Wasseranteil im Gemüse inkl. Kartoffeln sowie gekochten Nudeln. Tatsächlich besteht die Trockensubstanz immer noch zu 40% aus Protein. Insgesamt kommt die Energieverteilung dem von mir präferierten Drittelmix aus Protein, Fett und Kohlenhydrate schon recht nahe.

2.3. Die Mikronährstoffe

Insgesamt kommen wir hier zu einer recht ausgewogenen Nährstoffzufuhr:

Aminosäuren Bedarfsdeckung in % 186Prot381Arg447His370Ile323Leu585Lys207Met170MC280Phe306PT290Thr231Trp331Val100% Protein-Kennzahlen 2030300EASy27.251020250Prot/MJ20.439783690Purin369

Trotz erheblich reduzierter Lebermenge sind immer noch alle nötigen Aminosäuren reichlich mehr als ausreichend drin, aber das Protein/Energieverhältnis ist in einen akzeptablen Bereich gesunken.

Mineralstoffe Bedarfsdeckung in % 142Ca113P158K87Na116Cl87Mg152Cu126J433Fe136Mn0Se*85Zn Mineral-Kennzahlen 1230Ca:P1.615.5785Harn-pH6.7

Durch die Eierschale und die Seealge bekommen wir ausreichend Kalzium und Jod in den Hund, um auf Sicht Knochen und Schilddrüse gesund zu erhalten. Auch der reduzierte Eisengehalt beruhigt hier das Auge. Die Elemente Natrium, Magnesium und Zink fallen nach der Leberhalbierung etwas knapp aus – ein Mangel dürfte dennoch nicht zu erwarten sein.

Vitamine Bedarfsdeckung in % 16671A129D549E182B1456B2429B5513B6779B121249B3963B9100% Fett-Kennzahlen 1001501500LA%13425100ω6:ω32.6301001000ALA/ω3250.66.026.020Vit.E/ω6.02

Auch hier sehen wir nur Vorteile aus der reduzierten Leber: Vitamin A ist in einen gerade noch für mich akzeptablen Bereich gesunken. Zusätzlich haben wir nun dank Glanzstoff [Werbung!] ausreichend Vitamine D+E für Knochen und Immunsystem im Hund sowie Linolsäure aus dem Schmalz für die Haut.

3. Überlegung zu Leber und Vitamin A

Die Leber ist für Mensch und Tier ein enorm wichtiges Organ: Es dient als Depot für Nährstoffe und gleichzeitig deponiert es alles, was rausgefiltert wird, um den Organismus zu schützen. Als Nahrungsmittel ist es daher gleichermaßen extrem wertvoll aufgrund der außerordentlichen Dichte an Vitaminen und Spurenelementen wie auch potentiell toxisch, weil sich eben nicht nur die guten sondern auch schädliche Stoffe dort anreichern wie Cadmium, Blei und anderes.

Da Mensch sein Futter ja mehr nach Geschmack und Bequemlichkeit und weniger nach Nährstoffen aussucht, steht Leber inzwischen recht selten auf humanen Speiseplänen: Das Zeug ist durch die speziellen Eigenschaften Konsistenz, Geruch und Geschmack schon sehr gewöhnungsbedürftig bis hin zu eklig.

Dementsprechend reichlich fällt Leber von fast allen Tierarten als Nebenerzeugnis an und kann hervorragend als Nährstoffquelle für Hund & Katze verwendet werden. Sowohl die Futterhersteller als auch die BARFer/Selberkocher müssen hier iren Weg finden, alle Nährstoffe zuzuführen und Schadstoffe in der Nahrung zu vermeiden.

Im Großen und Ganzen kann man davon ausgehen, dass der Nähr- und Schadstoffgehalt in Leber mit zunehmendem Tieralter steigt. Dabei ist der Nährstoffgehalt sehr stark von der Nutztierfütterung abhängig, während die Schadstoffbelastung eher aus der Umgebung stammt. Je nach Tierart findet man unterschiedliche Gehalte von allem, so dass die Durchschnittswerte der BLS-Referenz auf einer jeweils großen Spannweite basieren.

Das BfR rät generell von Schaf- und Pferdeleber für menschlichen Verzehr ab, so dass man dieses im Lebensmitteleinzelhandel nicht kaufen kann.

Ich selber setze Leber zur Deckung des Kupferbedarfs für den Hund ein und verfüttere so viel davon, dass genügend Kupfer in den Hund kommt. Dabei muss ich die absurden Vitamin-A-Mengen in Kauf nehmen. Ich persönlich schließe die Leber von einigen Tierarten wegen zu geringem Kupfergehalt einfach aus. Dazu gehören Huhn und Schwein.

3.1. Nährstoffgehalt und Futtermengen in Leber verschiedener Tierarten

Schauen wir uns einmal die mittleren Gehalte von Kupfer und Vitamin A in roher Leber verschiedener Tierarten an, wie sie auch in Hundefutter eingesetzt werden – und schauen dann gleich, wie viel Leber unser 15kg-Modellhund futtern müsste, um seinen Kupfer- bzw. Vitamin A-Bedarf in Höhe von 1,52 bzw. 0,38mg/Tag zu decken.

Gehalt in mg/100gBedarfsmenge Leber in g/ Tag
TierartKupferVitamin AA:Cu1,52mg Kupfer0,38mg Vitamin A
Damwild8,007,300,9119,005,21
Ente6,0012,002,0025,333,17
Gans7,507,000,9320,275,43
Huhn0,3033,50111,67506,671,13
Kalb5,5028,205,1327,641,35
Kaninchen5,4017,603,2628,152,16
Lamm7,0019,902,8421,711,91
Pferd (IT)3,7011,002,9741,083,45
Pute (US)0,868,069,37176,744,71
Rentier (NO)7,2020,002,7821,111,90
Rind3,2017,905,5947,502,12
Schwein1,3036,3027,92116,921,05
Ziege (Indien)3,7015,664,2341,082,43
Kupfer und Vitamin A in roher Leber verschiedener Tierarten gemäß BLS und anderer nationaler Datenbanken und nötige Verzehrmengen, um Bedarfsdeckung zu erreichen

Man sieht:

  • Damwildleber hat in dieser Liste den größten Kupfer- und geringsten Vitamin A-Gehalt. Es ist sogar mehr Kupfer als Vitamin A drin. Unser Modellhund könnte bereits mit 19g dieser Leber seinen Tageskupferbedarf von 1,52mg decken. Zur Deckung des Vitamin A-Bedarfs in Höhe von 0,38mg würden 5,21g Leber reichen. Leider ist diese Leber selten zu haben. Kommt sie aus der Jagd von frei lebendem Wild, hat man keine Ahnung, wie das Wild tatsächlich gelebt hat und wie alt es wurde. Da wird die reale Bandbreite der Nähr- und Schadstoffe enorm sein. Zudem ist dies nun wirklich nicht in jedem Supermarkt zu haben, während in industriellem Fertigfutter eher mit Gatter-Wild zu rechnen ist, dessen Lebensumstände eher kontrollierbar sind.
  • Hühnerleber hat in dieser Liste den geringsten Kupfer- und zweithöchsten Vitamin A-Gehalt. Der Vitamin-A-Gehalt beläuft sich auf den fast 112fachen Kupfergehalt. Unser Modellhund müsste mehr als 500g täglich davon futtern, um seinen Kupferbedarf zu decken, während bereits 1g davon seinen täglichen Vitamin A-Bedarf decken würde. Das ist ein krasses Missverhältnis und daher kommt mir Hühnerleber gar nicht in den Hund, obwohl es in vielen Supermärkten zu haben ist und in den meisten Fertigfuttern mit Huhn enthalten ist.
  • Schweineleber kommt – wie wir vorstehend gesehen haben – mit fast 180g roh = 157g gegart auf 152%ige Bedarfsdeckung von Vitamin A für unseren Modellhund. Sie enthält zwar mehr als das vierfache Kupfer von Hühnerleber – aber noch mehr Vitamin A! Die kann man auch an jeder Fleischtheke kaufen – während Schwein in Fertigfutter sehr selten deklariert ist. Und wenn es deklariert ist, muss es wenigsten Iberico sein. Verbinden ja nicht viele mit Schwein und spanischer Vokabel oder „Edel“-Rasse…
  • Für Leber einiger Tierarten (Pferd, Pute, Rentier oder Ziege) findet man im BLS gar keine Daten. Mensch isst das wohl nicht – aber im Zuge der „Monoprotein“-Futter finden sie verstärkt Eingang in Hundefutter. Ob die Werte aus anderen Ländern übertragbar auf hier verwendete Lebern ist, ist zumindest fraglich.

Ich persönlich würde von dieser Liste nur Leber von Gans, Ente, Kalb und Rind an Hannes verfüttern.

Noch ein kleiner Hinweis am Rande (bevor hier ein unnötiger Shitstorm losbricht): Mit Gänseleber ist Gänsebratleber und keine Stopfleber gemeint! Wenn man sie in Deutschland kaufen kann, sind sie üblicherweise ab Herbst erhältlich und das Nebenprodukt der polnischen Erzeugung von Gänsebraten zur Weihnachtszeit – während Stopfleber hier nicht erzeugt werden darf und wenn sie importiert wird, dann wird sie als zweifelhafte Delikatesse für Zweibeiner teuer verkauft. Hier ist das Gänsefleisch das Nebenprodukt.

3.2. Lebenserwartung und -umstände der Tierarten

Jetzt stellt sich gerade bei Leber für mich die Grundfrage, wie alt das Tier wohl geworden ist.

TierartFreilebendFleischproduktionMuttertier
Damwild15-20 Jahre
Ente15-20 Jahre3-4 Monate
Gans35-40 Jahreeinige Monate
Huhn8 Jahre5-6 Wochen1,5 Jahre
Kalb30 Jahre3-5 Monate
Kaninchen10 Jahre10-12 Wochen
Lamm20 Jahre6 Monate
Pferd (IT)25-30 Jahre
Pute (US)15 Jahre2-3 Monate
Rentier (NO)12-20 Jahre
Rind30 Jahre8-10 Monate4-5 Jahre
Schwein21 Jahre5 Monate
Ziege (Indien)10-15 Jahre
Lebenserwartung von Tieren (Quelle sowie für einige Tierarten Google)

Während die Tiere, die wir zur Fleischproduktion nutzen, eine recht hohe natürliche Lebenserwartung haben, werden sie quasi im Kindesalter zu unserem Nahrungsmittel hingerichtet. Sie haben also nur recht wenig Zeit, Schadstoffe in der Leber zu akkumulieren. Da kann man die Leber mit wenig Bedenken durchaus in Maßen verfüttern und man findet sie auch zum menschlichen Verzehr im Lebensmitteleinzelhandel.

Anders sieht es aus bei „hauptberuflichen“ Muttertieren wie Milchkühen und -ziegen oder Legehennen: Die dürfen ihre Jugend noch erleiden und werden auf „Hochleistung“ ernährt. Deren Lebern und auch Muskelfleisch dürften regelmäßig eher in Hundefutter als in einer Fleischtheke landen. Ebenso die von Stieren, Ebern oder Böcken: Die haben ein für Menschen eher unangenehmes „Aroma“ – sind aber dennoch unverzichtbar zur Fleischproduktion.

Da würde ich mit der Leber-Dosierung schon eher äußerst sparsam umgehen. Ich würde erwarten, dass diese Elterntiere verstärkten Eingang in BARF-Produkte finden, insbesondere in den ach so geschätzten Muskelfleischanteilen.

Nun sind all diese Tiere Pflanzenfresser. Lediglich Schweine würden auch Tier futtern – was aber seit BSE praktisch nicht mehr gemacht wird. Während Geflügel überwiegend mit Getreide ernährt wird, erhalten Wiederkäuer und Pferde hautsächlich „Raufutter“. Also Wiesenbewuchs. Die Wiesen können auch gerne an Autobahnen oder neben Industrieanlagen liegen und werden mit den Exkrementen der Tiere gedüngt, an die der Bewuchs verfüttert wird. Selbst wenn die Tiere niemals den Stall verlassen, bekommen sie dennoch reichlich schadstoffbelastetes Grundfutter für die tägliche Ernährung. Hier hat Stallhaltung kaum Vorteile gegenüber Weidehaltung.

Da wäre mir Getreide als Grundfutter meines Hundefutters schon lieber, weil zumindest der größte Teil der Spelzen (Hüllen) entfernt wurde und weniger Umweltgifte mit verfüttert werden.

Daher gibt es für mich persönlich ein Ranking, wie ich den Bedarf an B-Vitaminen und Spurenelementen von Hannes decken möchte. Diese Liste ist abschließend:

  1. Gänseleber – wenn sie überhaupt zu bekommen ist, z.B. im 3. Quartal bei Kaufland. Höchster weitgehend standardisierter Kupfergehalt bei niedrigsten Vitamin-A-Gehalten und angenommener Getreidefütterung, wenn auch meist aus Polen.
  2. Rinderleber aus dem Lebensmitteleinzelhandel – dürfte nicht von Milchkühen kommen (im Gegensatz zu BARF-Shops und Fertigfutter), ist jederzeit (bei uns nur Mittwochs und Freitags) erhältlich und ist im Preis-Leistungsverhältnis noch bezahlbar.
  3. Kalbs-Leber – zu teuer obwohl „effizienter“ als Rinderleber, aber ich will eisenmangelbasierte Ernährung zur Herstellung von künstlich blassem Fleisch nicht unterstützen. Nehme ich im Notfall, falls es mal keine Rinderleber gibt.
  4. Komplett-Zusätze – haben kontrollierte Nährstoffmengen aus Reinsubstanzen und sind Schadstoff-frei.

3.3. Lebermenge im Hundefutter

Wir kennen nun jede Menge Gründe, sich viele Gedanken um Leber im Hundefutter zu machen. Das macht kaum jemand. Gleichzeitig bereiten viele Hundehalter das Futter selber zu und glauben, sie bräuchten eine allgemeine Richtlinie zur Mengenermittlung, statt über individuelle Nährstoffberechnung zu gehen.

Dies wird dominiert durch die BARF-Prozente-Rechnung. Die geht davon aus, dass Hund 2-3% vom Körpergewicht futtern sollte, davon 80% vom toten Tier, davon 15% Innereien und davon mindestens 33% Leber, maximal – der Prozente-Logik geschuldet – können also die Innereien zu 100% aus Leber bestehen. Für den 15kg-Hund mit 2% wären das 12-36 g Leber – egal von welcher Tierart.

Parallel gibt es den aufsteigenden Podcast der Futtertierärztin, die in ihrem Beitrag (ab etwa 11:40) meint, man dürfe dem Hund nur 0,5g bis maximal 1g Leber pro kg Körpergewicht und Tag reichen, sonst würde Hund zu viel Vitamin A bekommen. Für unseren Modellhund wäre das 7,5-15 g. Auch sie macht das unabhängig von der Tierart, aus der die Leber stammt.

Schauen wir uns diese Empfehlungen mal im Detail an!

Hund braucht 1,52mg Kupfer und 0,38mg Vitamin A pro Tag. In der folgenden Tabelle sieht man die mittleren Aufnahmemengen dieser Nährstoffe bei Verfütterung von 12g, 36g oder 15g pro Tag gemäß obigen „Regeln“:

Gehalt in mg/100gMinimum BARF 12gMaximum BARF 36gMaximum Futtertierärztin 15g
TierartKupferVitamin AKupferVitamin AKupferVitamin AKupferVitamin A
Damwild8,007,300,960,882,882,631,201,10
Ente6,0012,000,721,442,164,320,901,80
Gans7,507,000,900,842,702,521,131,05
Huhn0,3033,500,044,020,1112,060,055,03
Kalb5,5028,200,663,381,9810,150,834,23
Kaninchen5,4017,600,652,111,946,340,812,64
Lamm7,0019,900,842,392,527,161,052,99
Pferd (IT)3,7011,000,441,321,333,960,561,65
Pute (US)0,868,060,100,970,312,900,131,21
Rentier (NO)7,2020,000,862,402,597,201,083,00
Rind3,2017,900,382,151,156,440,482,69
Schwein1,3036,300,164,360,4713,070,205,45
Ziege (Indien)3,7015,660,441,881,335,640,562,35
Beispiele allgemeiner Empfehlungen zu Leberfütterung

Selbst bei der maximal „zulässigen“ Menge der BARF-Logik wird Bedarfsdeckung mit Kupfer wahrscheinlich nicht erreicht mit Leber von Huhn, Pferd, Pute, Rind, Schwein und Ziege. Kommen die übrigen Leberarten nicht in Frage, kann man sich das Innereien-Gedöns in Gänze sparen und direkt auf ein Komplett-Supplement umstellen.

Lustig ist dann die Interpretation der Futtertierärztin, mit maximal 1g Leber (egal welcher) wäre man auf der „sicheren Seite“ hinsichtlich „Hypervitaminose“ aus Vitamin A. Ihre Empfehlung deckt eine Zufuhr von erwartbaren 5,45mg Vitamin A aus 15g Schweineleber ausdrücklich ab. Das entspricht dem 516fachen Bedarf, während mit keiner einzigen Tierleber der Kupferbedarf gedeckt werden kann. Wenn also 5,45mg Vitamin A für den 15kg-Hund okay ist – wieso sind dann 36g Gänseleber mit nur dem halben Vitamin-A-Gehalt von 15g Schweineleber nicht okay?

4. Fazit

Im Hinblick darauf, dass es laut FEDIAF eigentlich keine belegbaren negativen Auswirkungen von Vitamin-A-Überversorgung beim Hund gibt, würde ich mich bei der Leberdosierung nicht an irgendwelche pauschalen Empfehlungen halten und Leber so dosieren, dass die Gesamtnährstoffe zu Hund und mir passen. Hannes hat mit seinen 28-30kg jahrelang meist ca. 70g Rinderleber täglich bekommen. Das lag nun zufällig gerade noch in der BARF-Range. Er ist pumperlgesund.

Ich finde den Leber-Plan, um den es in diesem Artikel ja eigentlich geht, schon recht skurril – aber selbst in der Original-Fassung in Kombination mit vermutlich „entschärfendem Trockenfutter“ für einen vermutlich durchaus größeren als 15kg-Hund durchaus vertretbar – vorausgesetzt, es handelt sich bei der Leber tatsächlich wie angenommen um Schweineleber.

Aber: Wenn die Leber vom Rind, Lamm oder Kalb wäre, dann würde deutlich zu viel Kupfer in den Hund kommen und auf Dauer wirkliche Schäden anrichten.

Ich würde dennoch empfehlen, wie beschrieben den Leber-Anteil zu reduzieren und Kalzium, Glanzstoff [Werbung] und Seealgen hinzuzufügen. Wäre auf Sicht einfach besser für den Hund und vermutlich auch für den Geldbeutel.

Mir ist klar, dass diese hier gezeichnete persönliche Einschätzung vermutlich sehr vielen Lesern gegen den Strich gehen wird. Feuer frei in den Kommentaren!

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