Wer sich mit Hundeernährung befasst, kommt nach Fertigfutter und BARF an “Selbstgekocht” nicht vorbei. Futtern wie bei Muttern kann nicht schlecht sein!
Oder doch?
Inhalt
1. Die Hundefutterwelt
1.1 Die Fertigfütterer
1.2 Die BARFer
1.3 Die Selberkocher
2. Das optimale Menschenfutter
2.1 Wie konstruiert man ein Futter?
2.2 Makronährstoffe im optimalen Menschenfutter
2.3 Mikronährstoffe im optimalen Menschenfutter
3. Was der Selberkocher für den Hund berücksichtigen sollte
Die Glaubenskriege um Hundefutter sind noch extremer als um Bestandteile menschlicher Ernährung. Ganz grob lassen sich drei Fraktionen ausmachen:
1.1 Die Fertigfütterer
Wer es sich einfach machen möchte und außerdem sicher gehen will, dass es dem Hund an nichts mangelt, der greift zum Fertigfutter. Falls es als Alleinfuttermittel deklariert ist, kann Mensch davon ausgehen, dass alle nötigen Nährstoffe bedarfsdeckend enthalten sind und nichts drin ist, was dem Hund schadet.
Die Auswahl ist unermesslich groß: Mensch kann mehr als ein Hundeleben damit zubringen, das perfekte Futter zu finden. Oder Mensch macht einfach Dose/Sack auf, Hund ist versorgt und Mensch hat Zeit, mit dem Hund was zu unternehmen.
Natürlich gibt es viele Menschen, die Industriefutter in Gänze ablehnen. Sei es wegen der schlimmen Ausbeuter-Konzerne (Nestlè, Mars und so), der giftigen Zusammensetzung (Altöl, Sägespäne, kranke Tiere, alle Nährstoffe wurden in der Verarbeitung vernichtet) oder der ungesunden Chemie (Lock-, Geschmacks- und Farbstoffe sowie ausschließlich künstliche Nährstoffe).
1.2 Die BARFer
Wer seinen Hund artgerecht und natürlich ernähren will, greift zu rohen Tierbestandteilen sowie frischem Obst/Gemüse und baut daraus Beutetiere im Futternapf nach, weil der Hund ja vom Wolf abstammt – aber heutzutage nicht mehr jagen darf und bauartbedingt oft nicht mal kann.
Mensch muss sich ganz schön intensiv einlesen, Prozentrechnung beherrschen und einen einmal erstellten Plan sklavisch befolgen, um keine Mängel im Hund zu erzeugen. Er verbringt viel Zeit mit der Beschaffung der Zutaten und Zubereitung des Futters.
Allerwichtigste Maxime: Ausschließlich roh (sonst sind alle Nährstoffe weg) und bloß keine Kohlenhydrate (braucht Hund nicht und kann er kaum verdauen).
Es entsteht eine BARF-Industrie aus Ernährungsratgebern und -beratern, Frostfleisch-Versendern und Zusatzmittel-Herstellern bis hin zu Fertig-BARF- und Trocken-BARF-Produzenten.
Die armen Paketboten müssen 20kg-Tiefkühl-Fleisch-und-Schlachtabfall-Pakete in den fünften Stock wuchten, wo sie aufgetaut, portioniert, mit Pflanzen und Zusätzen vermischt und wieder eingefroren werden. Die Haushaltsgeräte-Hersteller und Energieversorger freuen sich über den Betrieb vieler Hundefleisch-Tiefkühltruhen. Ökologisch scheint dieser Part des BARFens ein Desaster zu sein.
Gleichzeitig schlagen alle Tier- und Menschenärzte die Hände über’m Kopf zusammen, warum man den Hund freiwillig fehlernähren möchte und sich selber umbringt, weil man rohes Fleisch anfasst.
1.3 Die Selberkocher
Wer sowieso schon Mann, Frau, Kinder, Eltern, Freunde und sich selber täglich frisch bekocht, der gibt dem Hund die Reste oder bekocht ihn separat im Vorbeigehen. So wurden schließlich alle Hunde ernährt in den letzten paar tausend Jahren, seitdem sich der Hund aus purer Bequemlichkeit bei der Futterbeschaffung dem Menschen angeschlossen hat.
So hat man weder das Chemie- und Dosenabfallproblem, noch knechtet man den Paketboten oder bringt sich mit rohem Fleisch um. Beim Selberkochen bleiben anscheinend ein paar Nährstoffe erhalten (sonst ginge es uns Menschen auch nicht so gut) und offensichtlich kann der Hund Kartoffeln, Reis und Nudeln hervorragend verdauen.
Bringen die Selberkocher ihren Hund nicht um? Die werden gar nicht betreut! Weder von der Industrie noch von Ernährungsexperten noch von Tierärzten.
Zeit, sich das Treiben der Selberkocher mal anzuschauen.
2. Das optimale Menschenfutter
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) unterstützt die ernährungswissenschaftliche Forschung bzgl. Mensch, informiert über neue Erkenntnisse und Entwicklungen und macht diese u.a. durch Publikationen verfügbar. Anhand wissenschaftlicher Bewertung gibt die DGE ihre Empfehlungen für die Gesundheit der Bevölkerung im deutschsprachigen Raum ab. Sie konkretisiert damit die Empfehlungen der WHO für Menschenernährung.
Natürlich kennt kein Mensch diese Empfehlungen. Mensch isst einfach, was er verträgt, was der Kühlschrank hergibt, was ihm schmeckt und so viel, bis er satt ist. Niemand rechnet sein Essen nach. Von Mama weiß man ja, dass Obst und Gemüse gesund sind und Milchprodukte viel Kalzium enthalten. Warum sollte Mensch Hundefutter berechnen? Braucht er nicht.
Es wäre aber schon ganz gut, die besonderen Bedürfnisse des Hundes zu kennen, damit der Vierbeiner gesund bleibt.
Aus den DGE-Empfehlungen konstruiere ich ein fiktives optimales Menschenfutter und vergleiche es mit den Nährstoffempfehlungen für den Hund nach FEDIAF (der Europäischen Hunde-DGE), die wiederum auf die NRC-Werte (NRC = amerikanische Hunde-WHO) referenzieren.
Ich gehe mal davon aus, dass sowohl auf DGE/WHO-Ebene als auch auf FEDIAF/NRC-Ebene viele fähige Wissenschaftler seriös forschend unterwegs sind, um fundierte und praktikable Ergebnisse zu finden – auch wenn auf Hunde-Ebene zu einem großen Teil die Futterindustrie dafür bezahlt.
2.1 Wie konstruiert man ein Futter?
Normalerweise nimmt man für ein Futter-Rezept eine Liste echter Lebensmittel, weist denen eine Menge zu und addiert deren Energie sowie die enthaltenen Makro- und Mikronährstoffe und liest die Bedarfsdeckung ab. Mit Hannes seinem Futterrechner geht das ganz einfach für BARFer und Selberkocher.
Hier füge ich ein fiktives Lebensmittel ein, das die Empfehlungen der DGE unabhängig von realen Lebensmitteln in eine Art Kunstfutter umsetzt und auf 100g des “Futtermittels” normiert. Dies kann dann hundeabhängig dosiert und rechnerisch analysiert werden.
Die DGE-Empfehlungen sind nicht formelbasiert wie Hundefutter, sondern aufgedröselt in Männlein/Weiblein und diverse Altersstufen. Für jeden Bestandteil gibt es eine eigene umfängliche Tabelle.
Ich schließe hier einfach mal von mir auf andere und gehe vom Bedarf einer erwachsenen Frau zwischen 25 und 50 aus. Männer, jüngere oder ältere Menschen und/oder mit abweichender Aktivität haben ggf. andere Bedarfe.
2.2 Makronährstoffe im optimalen Menschenfutter
Erst mal braucht man die Energie, die das Futter enthalten soll. Ich bin überwiegend sitzend aktiv (also nicht aktiv) und laufe nur ein paar Mal täglich mit dem Hund oder puzzle etwas in Garten und Haus. Sport ist Mord. Gehen wir mal von meinem Energiebedarf von 2.000kcal/Tag aus. Geteilt durch 0,239 entspricht das 8.368kJ/Tag.
Optimale Nährwertverteilung für Menschen
Als nächstes teilt man die Energie den Makronährstoffen Protein, Fett und Kohlenhydrate zu und rechnet diese in Gramm um:
1g Protein bzw. 1g Kohlenhydrate liefern je 16,7kJ und 1g Fett liefert 37,6kJ. Somit besteht die tägliche optimale Menschennahrung bei 8.368kJ/Tag aus:
- Protein: 8.368 • 0,15 / 16,7 = 75g,
- Fett: 8.368 • 0,30 / 37,6 = 67g und
- Kohlenhydrate: 8.368 • 0,55 / 16,7 = 276g.
Hinzu kommen laut DGE mindestens 30g Ballaststoffe /Tag und 740-980ml Wasser in fester Nahrung (neben Getränken)/Tag. Beim Wasser nehme ich die Mitte, also 860ml täglich im Futter.
Somit isst Frau unter 51 Jahre schon mal bestenfalls 75 + 67 + 276 + 30 + 860 = 1.308g feste Nahrung täglich. Unser Kunstfutter ist also ein Nassfutter.
Bezogen auf einen 30kg-Hund, normal aktiver kastrierter Rüde, würden wir 824g davon füttern, um seinen Energiebedarf von 5.257kJ/Tag zu decken:
Makronährstoffe im optimalen Menschenfutter – bezogen auf 30kg-Hund.
Protein
Wir sehen schon: Sein Proteinbedarf ist nicht gedeckt, sein Fettbedarf hingegen “mehr als”. Handelsübliche Fertigfutter für gesunde erwachsene Hunde haben einen Protein- und Fettgehalt deutlich jenseits von 20% der Trockensubstanz. Mehr zum Protein weiter unten bei den Aminosäuren.
Fett
Während für Menschen die Fettsäuren Linolsäure (n-6) und Linolensäure (n-3) als essentiell angesehen werden, wird für Hunde nur die Linolsäure als notwendig erachtet. Nichts desto trotz werden die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Linolensäure (ALA) neben Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) für den Hund empfohlen. Diese findet man in Lein- und Lachsöl, keine küchengängigen Öle.
Der erwachsene Mensch sollte also 2,5% seines Energiebedarfs aus Linolsäure und 0,5% aus Linolensäure decken. Somit ergibt sich ein menschlicher Linolsäure-Bedarf von 8.368 • 0,025 / 37,6 = 5,6g. Davon bekommt der Hund in 824g des Futters 3,46g, was nur 75% seines Bedarfs in Höhe von 4,62g entspricht. Somit ist im empfohlenen Menschenfutter keine Bedarfsdeckung an Linolsäure gewährleistet.
Kohlenhydrate
Der Hund braucht genauso wenig wie der Mensch Kohlenhydrate zum Überleben. Er braucht allerdings für die Aufrechterhaltung der Organ-, Muskel- und sonstiger Stoffwechsel-Funktionen eine gewisse Menge Stickstoff aus Protein und eine gewisse Menge Fett. Beides zusammen deckt seinen Energiebedarf nicht. Ob nun zur restlichen Energiegewinnung Protein, Fett oder Kohlenhydrate verbrannt wird, ist dem menschlichen wie dem hündischen Organismus erst mal egal.
Richtig ist: Der Hund kann Stärke aus Pflanzen genauso wenig aufschließen wie der Mensch – sie muss also gekocht werden. Machen wir mit Kartoffeln, Nudeln und Reis für uns Zweibeiner sowieso.
Unterschied: Hund hat keine Mahlzähne und kaut seine Nahrung nicht klein vor dem Abschlucken. Er kann Pflanzenzellen auch in der nachfolgenden Verdauung nicht “aufbrechen” – Abhilfe schafft Pürieren oder Garen von Obst und Gemüse: So sind die Pflanzenzellen schon „geknackt“ und der Inhalt der weiteren Verdauung zugänglich. Übrigens besteht das nicht aufbrechbare Zellgerüst in Pflanzen aus Zellulose und zählt zu den Ballaststoffen. In Fertigfutter müssen also nicht zwingend Sägespäne enthalten sein, um einen Gehalt an Zellulose zu rechtfertigen.
Fakt ist auch: Energiegewinnung aus Protein verbraucht erst mal Energie, denn die mit dem Speisebrei angelieferten Stoffe müssen erst mal umgebaut und die dabei entstehenden Giftstoffe abgebaut werden. Gerade ältere oder kranke Hunde vertragen rohes Futter oft nicht mehr, weil Niere, Leber oder Bauchspeicheldrüse nicht mehr so gut funktionieren.
Für den Menschen ist anscheinend ein Gehalt von 55% der Energie aus Kohlenhydrate ein guter Weg. Für den gesunden Hund ist 10-15% der Energie aus Protein jedoch anscheinend zu wenig. Mit etwa 20% der Energie aus Protein und etwa 50% aus Kohlenhydrate dürften die meisten gesunden Hunde durchaus klar kommen, sofern das Protein hochwertig und verdaulich ist. Fehlen dem Protein wichtige Aminosäuren, dürfte eine größere Menge benötigt werden, um die Stoffwechselfunktionen sicher zu stellen.
2.3 Mikronährstoffe im optimalen Menschenfutter
Das ganze Zeugs nimmt Mensch wie Hund nur auf, um die Bedarfe an essentiellen Aminosäuren, Fettsäuren, Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen zu decken. Mensch hat darüber hinaus definitiv ein Bedürfnis nach Genuss – es soll auch mäkelige Hunde geben, die nicht alles inhalieren, was ihnen vorgesetzt wird, sondern die auch Genuss wollen. Das ignorieren wir hier mal gepflegt.
Aminosäurenprofil
Aminosäurenbedarf für erwachsene Menschen laut WHO (S.245):
Aminosäure | mg/kg pro Tag | mg/g Protein |
---|---|---|
Histidin | 10 | 15 |
Isoleucin | 20 | 30 |
Leucin | 39 | 59 |
Lysin | 30 | 45 |
Methionin | 10 | 16 |
Cystin | 4 | 6 |
Methionin + Cystin | 15 | 22 |
Phenylalanin + Tyrosin | 25 | 30 |
Threonin | 15 | 23 |
Tryptophan | 4 | 6 |
Valin | 26 | 39 |
Zur Aminosäurenverteilung im Menschenfutter übernimmt die DGE die WHO-Empfehlungen zur Aufnahme essentieller Aminosäuren.
Wichtig in dem Zusammenhang: Arginin können Menschen selber produzieren – Hunde nicht. Somit gilt es nicht als essentiell für Menschen – ich nehme trotzdem einen Bedarf an, der sich an der Relation von Arginin:Histidin für Säuglinge orientiert. Zusätzlich wird der Bedarf an aromatischen Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin nicht aufgeschlüsselt – ich tu das trotzdem und heraus kommt:
Das empfohlene Aminosäurenmuster im optimalen Menschenfutter gemessen am Bedarf des 30-kg-Hundes.
Schwefelhaltige Aminosäuren (Methionin & Cystein) sind nur zu 40% des Hundebedarfs im optimalen Menschenfutter enthalten, aromatische (Phenylalanin & Tyrosin) nur zu 45%. Tryptophan wird nur mit weniger als 40% gedeckt und ist daher limitierend für den Hund im Vergleich zum Menschenbedarf.
Selbst wenn die empfohlene Menge des für den Menschen optimalen Proteins von 4,95g pro kg Körpergewicht 0,75 gereicht wird, sind die erwähnten essentiellen Aminosäuren gerade mal gut zur Hälfte des Bedarfs anwesend. Es dürfte mit dieser Aminosäuren-mischung zu Proteinmangel-Erscheinungen im Hund kommen.
…bei empfohlener Menge Protein.
Man kann sagen: Für Menschen optimales Protein ist für Hunde defizitär. Demnach gibt es offensichtlich Unterschiede im Aminosäurenbedarfsmuster zwischen Mensch und Hund.
Man sollte aber auch sagen, dass weder Weizen- noch Kartoffel- oder Erbsenprotein ein derart schlechtes Aminosäurenmuster aufweist. Generell ist in Pflanzenprotein weniger Methionin als in tierischem Protein enthalten. Die übrigen Aminosäurenbedarfe lassen sich auch im Hund nicht nur mit tierischen Produkten sondern auch über pflanzliche Grundnahrungsmittel des Menschen decken.
Bei normaler Mischkost mit Reis, Kartoffeln, Nudeln als Kohlenhydratbasis und Fleisch, Fisch und Eiern als Proteinlieferant müsste der Hund mit küchengängigen Lebensmitteln gut versorgbarsein. Auch der Menschenbedarf an diesen Aminosäuren dürfte bei normaler Ernährung mehr als gedeckt sein.
Mineralien und Spurenelemente
Die DGE gibt hierzu differenzierte Referenzwerte aus. Dabei ist zu beachten, dass diese Referenzwerte unabhängig vom Energiebedarf sind und eher mit Alter und Geschlecht zusammenhängen. Das bedeutet, die Mineralstoffdichte im optimalen Menschenfutter nimmt bei höherem Energiebedarf (und 2.000kcal/Tag sind sehr wenig) relativ gesehen ab. Frauen im gebärfähigen Alter brauchen z.B. mehr Eisen als Männer, um den monatlichen Blutverlust auszugleichen, während Männer für die Spermienproduktion mehr Zink benötigen als Frauen.
Hund braucht wesentlich mehr Mineralien und Spurenelemente als Mensch – außer Kochsalz
Offensichtlich braucht Mensch mehr als die doppelte Kochsalzmenge, die der Hund braucht. In dieser Größenordnung ist das für den gesunden Hund allerdings überhaupt kein Problem.
Der Hund braucht etwa die dreifache Menge Kalzium und Phosphor des Menschen. Das ist aus normalen Lebensmitteln gar nicht leistbar. Der Mineralteil von Knochen besteht zufällig genau aus Kalzium und Phosphor und enthält auch noch etwas Magnesium. Knochen werden vom Menschen ohnehin nicht gegessen und fallen zwangsläufig als Abfall an, der direkt in den Hund wandern kann. Hund und Knochen sind irgendwie legendär, so dass jeder Hundehalter zumindest eine Lösung hat. Die Mär von kalziumreichen Milchprodukten hilft zumindest beim Hund nicht mal näherungsweise, den Bedarf zu decken – hingegen liefern Schnittkäse und Wurst große Mengen Phosphor.
Zink, Kupfer und Selen sind tatsächlich ein Problem. Sowohl für den BARFer als auch für den Selberkocher. Es gibt nämlich wenige bis keine Lebensmittel mit ausreichendem Gehalt für den Hund. Diese Stoffe sind bodenabhängig. Für Europa/Deutschland gibt es schon gar keine verlässlichen Selen-Gehaltsangaben in Lebensmitteln mehr. Mensch kann natürlich Innereien wie Leber, Niere und Milz füttern – was dann aber z.B. zu absurd hohen Vitamin-A-Gehalten bei kupferbedarfsdeckender Leberfütterung oder erhöhter Schadstoffbelastung durch in den Organen sonst noch angereicherten Stoffen führt. Zudem unterliegen auch Innereien erheblichen Schwankungen. Lediglich Cashews und Hagebutten enthalten nennenswerte Kupfermengen in Pflanzen. Für den Hund bedarfsdeckende Mengen an Zink finden sich bestenfalls in Austern. Ich denke, die stellen für den Normalhundehalter keinen Küchenabfall dar.
Für den Menschen könnten jodiertes Speisesalz und jodiertes Trinkwasser den Jodbedarf vielleicht decken – insbesondere unter Berücksichtigung des ohnehin viel zu hohen Salzkonsums – für den Hund scheint es nur möglich, den Jodbedarf mit einer Seealge namens Ascophyllum nodosum zu decken. Die korrekte Dosierung für die optimale Schilddrüsenfunktion ist nur mittels chargenbezogener Deklaration möglich. Ehrlich gesagt: Ich kann mir schwer vorstellen, wie vor 30 Jahren die Hunde nicht an Jodmangel gestorben sind.
Eisen und Magnesium sind für den Hund in Menschennahrung ebenfalls defizitär vorhanden – hier ist es jedoch leichter, durch geeignete Lebensmittel wie z.B. Blut, Nieren oder Leber für Eisen bzw. Ölsaaten wie Leinsamen, Sesam, Sonnenblumen- oder Kürbiskerne für Magnesium eine Bedarfsdeckung zu gewährleisten.
Vitamine
Die DGE gibt auch hierzu differenzierte Referenzwerte aus. Auch hier ist zu beachten, dass diese Referenzwerte unabhängig vom Energiebedarf sind und eher mit Alter und Geschlecht zusammenhängen.
Hund und Mensch haben durchaus unterschiedliche Bedarfe an Vitaminen.
Vitamin D wird vom Menschen in der Haut synthetisiert – vorausgesetzt, Mensch setzt seine Haut mindestens 15 Minuten täglich ungeschützt der Sonne aus. Dementsprechend hat der Mensch definitorisch, nicht praktisch (!), keinen Vitamin D-Bedarf – außer im Winter. Wer wurde in der Kindheit nicht mit Lebertran gequält? Der enthält reichlich Vitamin D für den Hund, ebenso fette Fische wie Hering, Sprotte, Forelle oder Lachs. Beides sind heutzutage keine Küchenabfälle sondern preislich und ökologisch gesehen eher Luxusprodukte.
Der Hund hat im Vergleich zum Menschen einen ungefähr 6-fachen Cobalamin- bzw. Vitamin B12-Bedarf. Dieses Vitamin wird von Pflanzen überhaupt nicht gebildet und findet sich in Tieren fast ausschließlich in der Leber sowie in einigen Muscheln. Bereits geringe Mengen Dorschleber würden den Vitamin B12-Bedarf mehr als decken. Für Riboflavin bzw. Vitamin B2 besteht beim Hund der dreifache Bedarf gegenüber dem Menschen. Dieses Vitamin findet sich in Bierhefe, Pilzen und Leber.
Die Defizite der Vitamine E, B5 und A lassen sich für den Hund leicht mit küchengängigen Lebensmitteln decken.
3. Was der Selberkocher für den Hund berücksichtigen sollte
Frisst der Hund dasselbe wie der Mensch isst, könnte es zu Mangelerscheinungen kommen. Berücksichtigt Mensch hingegen die besonderen Bedarfe des Hundes in Bezug auf
- Omega-Fettsäuren
- schwefelhaltige Aminosäuren bzw. Proteinmenge
- Kalcium & Phosphor
- Kupfer & Zink
- Jod, Magnesium und Eisen
- Vitamin D
- Vitamine A, B12, B2 und B5,
kann der Hund mit frisch zubereitetem Menschenfutter plus Knochen o.ä, Leber, Seealgenmehl, Lebertran und guten Ölen sowie etwas mehr tierischem Protein hervorragend ernährt werden. Die Zusätze sind also nichts anderes als beim BARF. Kohlenhydrate schadet dem Hund nicht und schadet der Umwelt weniger als die Fleischproduktion. Das Zink-Problem bleibt, scheint aber nicht wirklich eins zu sein.
Für viele Hunde ist gegartes Futter besser bekömmlich, weil die Nahrung so bereits “vorverdaut” und nicht wie oft beschrien “totgekocht” ist. Viele unserer Gewürze sind auch für Hunde Heilkräuter und schaden nicht.
Dazu kommt, dass Menschenfutter in den seltensten Fällen als Brei daherkommt, wie das in vielen BARF-Rationen oder Dosenfutter der Fall ist und was keinesfalls gut für Verdauung und Nährstoffverwertung ist.
Sofern Mensch sich halbwegs vernünftig ernährt, kann er Hund auch damit ernähren. Vorausgesetzt es gibt nicht bloß Tiefkühlpizza und Schokolade oder scharf gewürztes Essen, spricht überhaupt nichts dagegen, Fertigfutter mit Menschenessen zu ergänzen.
Guten Appetit!
Titelbilder: Wolf von Shankar S., Hund von Maja Dumat, Ölgemälde von Henri Brispot
Überarbeitungs-Hinweis
Dieser Artikel ist eine Neuberechnung meines gleichnamigen Artikels in Facebook. Aufgrund einer inzwischen erfolgten Umstellung der Datenquelle kommen nun leicht andere Ergebnisse heraus.
Wie sieht es denn mit einer Überversorgung aus. Wenn ich aus Lebensmittel Vitamine bekomme und ev Calcium Phosphor und dann aber eine Barf Mischung nehme um die Defizite auszugleichen, welche aber vielleicht auch Calcium/Phospohor bzw. Vitamine enthält die ich eh schon über meine Lebensmittel habe.
Es gibt ja Vitamine die nicht Wasserlöslich sind bzw ist calcium Phosphor ja auch ein eigenes Thema wo keine Überversorgungen sein sollten.
Lieben Dank!
Nur weil man vielleicht von irgendeinem Nährstoff mehr als das Minimum füttert, erzielt man noch lange keine Überversorgung. Hund ist da – genau wie Mensch – recht tolerant. Viele Nährstoffe werden nur in der Menge verarbeitet, die Hund braucht, z.B. B-Vitamine. Zuviel wird einfach ausgestrullt. Auch bei Kalzium wird bis zur Hälfte der Aufnahmemenge einfach wieder ausgeleitet, wenn’s nicht nötig ist. Und Mensch wäre schon ziemlich bekloppt, wenn man Knochen(mehl) füttert und dann noch obendrauf Ca/P-Supplemente einwirft. Die einzigen Mikronährstoffe mit sehr geringen Toleranzwerten sind Selen und Vitamin D. Vitamin A kann mehrtausendfach gefüttert werden, ohne irgendwelche negativen Effekte zu erzielen. Generell wird der Mikronährstoffgehalt in Lebensmitteln eher überschätzt und in Ergänzungsmitteln unterschätzt. Passende und für verschiedene Ernährungsformen des Hundes geeignete Futterergänzungen erhält man bei Futtermedicus oder Napfcheck – alle anderen nicht voll deklarierten „all natural“ Ergänzungen sind Lifestyle-Produkte oder schlicht Murks.